Diskussion um Verfassungsnovelle geht weiter

Es wird weiter nach Lösungen gesucht, um den Kommunen bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen besser zu helfen. Die von Valerie Wilms ins Spiel gebrachte Grundgesetzänderung wurde jetzt vom haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion und der grünen Haushaltspolitikerin und Fraktionskollegin Anja Hajduk aufgegriffen. Ziel der Novelle ist eine direkte Unterstützung der Kommunen durch den Bund.

27.08.15 –

Es wird weiter nach Lösungen gesucht, um den Kommunen bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen besser zu helfen. Die von Valerie Wilms ins Spiel gebrachte Grundgesetzänderung wurde jetzt vom haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion und der grünen Haushaltspolitikerin und Fraktionskollegin Anja Hajduk aufgegriffen. Ziel der Novelle ist eine direkte Unterstützung der Kommunen durch den Bund.

 

Wedel-Schulauer Tageblatt vom Donnerstag, 27.08.2015

Gezerre um eine Verfassungsnovelle

Asylpolitik: Wilms und Schröder denken über Grundgesetzänderung nach, um Kommunen zu entlasten / Rossmann spricht sich dagegen aus

Nachdem Bundestagsmitglied Valerie Wilms gefordert hatte, die Verfassung zu ändern, um direkte Zahlungen des Bundes an die Kommunen für die Flüchtlingsversorgung zu ermöglichen (diese Zeitung berichtete exklusiv), macht sich dieser Gedanke nun auch in der Unionsfraktion des Bundestags breit. Durch eine Vereinbarung mit den Ländern müsse sichergestellt werden, dass zusätzliches Geld des Bundes für Asylsuchende komplett bei den Städten und Gemeinden ankomme, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), gegenüber der „Rheinischen Post“. „Sind die Länder zu einer stringenten Vereinbarung nicht bereit, muss über eine Grundgesetzänderung diskutiert werden.“ Ziel sei, dass „der Bund direkt Geld für Flüchtlinge an die Kommunen durchreichen kann“, fügte er an.

Dem pflichtete Bundestagsmitglied Ole Schröder aus Rellingen bei: Die bereits vor einiger Zeit im Bundesfinanzministerium debattierte Fragestellung, ob eine Novelle der Verfassung vonnöten ist, sei „überlegenswert“. Das vom Bund bereitgestellte Geld dürfe nicht in den Landeshaushalten landen. Denn nur wenn Länder und Bund die Kosten für die Asylsuchenden übernähmen – und nicht wie in SchleswigHolstein zum Teil auch die Kommunen, wäre es möglich, weiter die Akzeptanz für die gesellschaftspolitische Aufgabe aufrecht zu erhalten. Als Vorbild führte Schröder im Gespräch mit dieser Zeitung den Freistaat Bayern ins Feld, der die Kosten zu 100 Prozent übernehme.

Derzeit sind nach der Verfassung direkte Zahlungen des Bundes an Kommunen nur in eng definierten Ausnahmefällen zulässig. Grundsätzlich gilt laut den Artikeln 84 sowie 85 des Grundgesetzes: „Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.“ Nicht nur die Wedelerin Wilms, sondern ihre gesamte Partei könne sich nach Angaben von GrünenHaushaltspolitikerin Anja Hajduk aus Hamburg vorstellen, den Weg für eine Verfassungsänderung frei zu machen. Eine Novelle des Grundgesetzes „darf kein Tabu sein“, sagte sie gegenüber der „Rheinischen Post“. Darüber hinaus forderten die Grünen die Bundesregierung auf, zu erwartende Überschüsse im Bundeshaushalt für die Hilfe für Asylsuchende einzusetzen. Der Bund werde in diesem Jahr voraussichtlich Überschüsse von fünf Milliarden Euro erwirtschaften, teilte Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae mit. „Diese Mittel sollten sowohl zur Finanzierung der Infrastruktur als auch zur Vorsorge der regelmäßig anfallenden Flüchtlingskosten genutzt werden.“

Ernst Dieter Rossmann (Foto, SPD), Bundestagsmitglied aus Elmshorn, warnte auf Nachfrage dieser Zeitung vor Aktionismus: „Ich halte die Zeit nicht für die richtige, um über eine Grundgesetzänderung zu sprechen.“ Es gebe auch noch andere Wege, um die Städte und Gemeinden zu unterstützen. Bei der Diskussion dürfe nämlich nicht vergessen werden, so Rossmann, dass die Finanzierungsfragen ein Kernbestandteil des in der Verfassung fest verankerten Bund-Länder-Verhältnisses sei – und somit auch des Grundgesetzes an sich. „Das hilft uns jetzt nicht“, fügte der Sozialdemokrat an. Gleichwohl sei er aber dafür, dass der Bund den Kommunen helfe.

Gerrit Mathiesen, epd

 

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