Ein Jahr Niederschlagung der Grünen Bewegung im Iran

Rede in Hamburg am 18. Juni 2010

18.06.10 –

Sehr geehrte Damen und Herren,

Rücktritte von Präsidenten gibt es selten – gerade haben wir das zum ersten mal in Deutschland erlebt. Selbst wenn wir hier in Deutschland darüber erstaunt sind und viele sogar von einer Krise reden: Im Vergleich mit der Situation im Iran erscheint all das klein und nebensächlich.

Was wir vor einem Jahr im Iran gesehen haben war oft schrecklich: Schlägerbanden, Schwerverletzte, Jagdszenen in Teheran und Tote. Das sind Bilder, die wir nie vergessen dürfen!

Auch nach einem Jahr, gibt es noch keine Aussicht auf ein Ende dieses mörderischen Regimes. Für viele ist das eine bittere Enttäuschung nach dem Gefühl des Aufbruchs. Viele hatten gehofft: Endlich – nach so langer Zeit – wollten sie wieder über sich, ihr Leben und ihre Zukunft entscheiden dürfen. Leider konnte sich die Unmenschlichkeit durchsetzen. Viele sind enttäuscht und der heutige Tag ist ein Tag der Trauer. Zu viele haben ihr Leben schon verloren. Zu viele sind zu Unrecht im Gefängnis. Zu viele werden gefoltert.
Aber bei all dieser Enttäuschung und Trauer geben mir die Demonstrationen im Iran auch heute noch viel Hoffnung. Denn sie haben unser Bild über die Menschen im ganzen nahen und mittleren Osten verändert.

Was wir letztes Jahr gesehen haben, hatte nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun, was sonst in unseren Medien berichtet wird: Wir hier in Europa konnten endlich auch deutlich sehen, wie ein Land dort um seine Freiheit ringt, wie Millionen Menschen ihr Leben für mehr Menschenrechte und mehr Demokratie einsetzen. Wer hätte das gedacht: Dieses Land! Für uns war der Iran doch nur mit Ängsten besetzt: Tief verschleierte Frauen, die fanatisch für alte Mullahs demonstrieren – das waren die Bilder, die wir kannten. Der Iran, das war für uns das Land, das uns Angst macht.

Die Demonstrationen haben das vollkommen verändert: Wir haben junge Frauen gesehen, die überhaupt nicht unmodern waren. Wir haben Menschen gesehen, die nach ihrer Stimme bei der Wahl gerufen haben.

Jetzt endlich ist unübersehbar: Es gibt dort nicht nur Terror, Fanatismus, Armut und Rückständigkeit. Nein: Auch hier kämpfen die Menschen für Freiheit und Demokratie.
Das ist es, was uns allen Hoffnung gibt!

Wir hier in Deutschland und Europa vergessen seit 1989 nicht mehr, wie unaufhaltsam die Kraft eines ganzen Volkes ist, dass gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit auf die Straße geht. Nie werden wir vergessen, was der Ruf „Wir sind das Volk!“ bedeutet.

Diese Botschaft müssen wir auch heute wieder senden: Ihr Iraner seid das Volk – und nicht die, die euer Land im Namen einer Revolution im Würgegriff halten!

Es ist egal, wie man zu dieser Revolution vor dreißig Jahren heute steht. Für mich ist eindeutig, dass es den heutigen Machthabern nicht um Ideale geht, sondern um ihre wirtschaftlichen Pfründe. Den Teheraner Machthabern geht es nur noch rhetorisch um ihre revolutionäre Idee. In Wirklichkeit lebt diese Clique ganz hervorragend von ihren Privilegien und den Monopolen in der Wirtschaft. Das ist der wahre Grund, warum das iranische Volk mit brutalsten Mitteln unterdrückt wird! Wir werden das niemals akzeptieren!

Ich bin mir sicher, dass der Iran in absehbarer Zeit einen Wandel erleben wird.
Die Tür Richtung Demokratie und Menschenrechten war im letzten Jahr sehr weit offen. Das Regime hat versucht, diese Tür mit brutaler Gewalt zu schließen.

Aber wir wissen: Diese Tür lässt sich nicht mehr vollkommen schließen – und eines Tages wird sie ganz aufgestoßen werden!

Deswegen rufen wir heute allen zu: Euer Kampf ist der richtige! Ihr seid im Recht! Und ihr werdet euch durchsetzen!

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