Vernetzte Mobilität

Gastkommentar im Handelsblatt vom 6. März 2014 Die heutige Mobilität ist fragmentiert. Viele Ressourcen bleiben deswegen ungenutzt. Ziel sollte es sein, die Zeiten der Nicht-Nutzung von Fahrzeugen kräftig zu reduzieren. Möglich wäre das, wenn Anbieter Kapazitäten und Preise für die von ihnen bedienten Strecken und Zeiten in einem onlinebasierten Netzportal bündeln würden.

06.03.14 –

Gastkommentar im Handelsblatt vom 6. März 2014

Noch steht nicht fest, wofür das Verkehrsministerium mit seinen ganzen 14 zusätzlichen Mitarbeitern für digitale Infrastruktur wirklich zuständig sein wird. Doch der Minister, Alexander Dobrindt (CSU), legt den Schwerpunkt seiner Agenda trotzdem schon einmal auf die digitalen Netze, gründet eine Netzallianz und fordert funktionierendes WLAN in Zügen der Deutschen Bahn. Gegen einen zuverlässigen Internetzugang im Zug ist nichts einzuwenden, die Probleme der Mobilität der Zukunft werden damit jedoch nicht gelöst.

Die heutige Mobilität ist fragmentiert: Es gibt Bahnen und Busse, dazu Flugzeuge, Car-Sharing-Anbieter, Fahrradverleihsysteme, Taxis und viele Privatfahrzeuge. Wer unterwegs ist, nutzt die Verkehrsmittel getrennt, bucht und zahlt extra. Es gibt Fahrpläne für die öffentlichen Verkehrsmittel, Telefonnummern für Taxis, Websites für Car Sharing und Mitfahrzentralen. Privatfahrzeuge werden meistens nur den besten Freunden verliehen – wenn überhaupt. Jeder macht sein Ding. Viele Ressourcen bleiben deswegen ungenutzt. Außerhalb von Ballungszentren und Stoßzeiten sind Busse und Bahnen oft leer, Taxifahrer verbringen ihre Zeit vor allem mit warten, Privatautos stehen meist ungenutzt herum und verlieren an Wert. Die Frage ist: Wollen und können wir so weiter machen?

Ziel sollte es sein, die Zeiten der Nicht-Nutzung von Fahrzeugen kräftig zu reduzieren. Dazu müssten wir wissen, welche Mobilitätsmöglichkeiten es überhaupt gibt. Wie oft geschieht es, dass Menschen auf den Bus warten und den Anschlusszug verpassen, während halb leere Privatfahrzeuge an ihnen vorbei fahren. Um solche Kapazitäten zu erschließen, müssten wir vernetzen. Technisch ist das schon möglich: So bietet die Deutsche Bahn rein elektronische Tickets an, die im Nah- und Fernverkehr genutzt werden können. Der Nutzer loggt sich zum Fahrtantritt ein und am Fahrtziel aus – der günstigste Tarif wird automatisch abgebucht. Warum sollte das nicht auch über Unternehmensgrenzen und verschiedene Mobilitätsträger hinaus möglich sein?

Möglich wäre das, wenn Anbieter Kapazitäten und Preise für die von ihnen bedienten Strecken und Zeiten in einem onlinebasierten Netzportal bündeln würden. Die Angebote könnten hier von Nutzern bei Bedarf nach Schnelligkeit, Preisbewusstsein und Klimaschutz differenziert werden. Je mehr Anbieter verbunden sind, desto flexibler und insgesamt nachhaltiger kann man mobil sein. Die Anbieter müssten sich dazu auf gemeinsame Standards einigen, damit der Anteil eines Verkehrsträgers an einer Mobilitätsdienstleistung entsprechend seiner Leistung entgolten werden kann. Wichtiger Knackpunkt ist der Datenschutz: Es muss sicher gestellt werden, das Nutzer jederzeit über die Verwendung ihrer Daten bestimmen und Dritte keine Bewegungsprofile anlegen können.

Die vernetzte Mobilität bietet eine Chance. Die Frage bleibt, ob der Minister diese Chance zu nutzen weiß. Denn dazu braucht es mehr als WLAN im Zug. 

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Beiträge | Bundesmobilitätsplan