CSU-Maut ist untauglich und bürokratisch

Rede im Bundestag 

06.11.14 –

Rede im Bundestag 

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

Als ich eben die Rede von Herrn Holmeier gehört habe, habe ich gedacht: Wo bin ich hier eigentlich? – Alles, was er erzählt hat, habe ich hier noch nicht erlebt. Es liegt doch noch gar kein Gesetzentwurf vor. Welche Märchen haben Sie uns aus Bayern wieder erzählt? Das funktioniert doch hinten und vorne nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Matthias Gastel [BÜNDNIS90/DIE GRÜ- NEN]: Nichts als heiße Luft!)

Es ist schön, dass auch das Ministerium jetzt vertreten ist, liebe Kollegin Bär. Ihr Minister hat nicht Wort gehal- ten. Monatelang hat er das Parlament hingehalten. Eine schon vor der Sommerpause von uns im Ausschuss kol- legial gemeinschaftlich geplante Anhörung zu Ihrer CSU-Maut wurde im Oktober mir nichts, dir nichts ab- geblasen. Der einzige Grund: Ihr lieber Minister Dobrindt hat nicht geliefert, was er versprochen hat. Es gibt auch jetzt noch keinen Gesetzentwurf. Ich darf ver- muten, dass dem Minister sehr wohl bekannt ist, was ein Gesetzentwurf ist.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS90/ DIE GRÜNEN]: Da wäre ich mir nicht so sicher!)

Das ist nämlich ein Dokument, das dem Bundestag schon zugeleitet sein müsste, zumindest aber dem Bun- desrat. Davon habe ich noch lange nichts gesehen. Was bedeutet das? Es kursiert vielleicht nur ein Entwurf im Internet, über den wir hier mutmaßen dürfen. Das ist schlicht unverschämt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Der Minister hält sich nicht an seine Versprechen. Statt dem Parlament, dem Gesetzgeber, wirklich etwas vorzulegen, über das wir entscheiden können, gibt er blumige Presseerklärungen alle paar Monate heraus. Das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie können noch früh genug zustimmen, Frau Wilms! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ein- mal die Details von dem anschauen, was man im Internet findet. Punkt eins: europäisches Recht.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Befassen Sie sich jetzt mit etwas nicht Vorhandenem?)

Dazu gibt es ein Gutachten – man könnte dafür auch ei- nen besonderen Begriff finden –, das man bestellt hat, in dem Sie sich die Vereinbarkeit der Maut mit dem euro- päischen Recht bescheinigen lassen. Alle anderen Ex- perten kommen zum glatt gegenteiligen Schluss. Mit dem Gefälligkeitsgutachten haben Sie es sogar geschafft, dass Ihnen der Kommissar Kallas auf die Schulter ge- klopft hat. Der ist aber nicht mehr Kommissar, der ist weg. Ich bin gespannt, was das insgesamt dann wirklich wert ist; denn seit einer Woche haben wir eine neue Kommissarin, und die fühlt sich nicht an die Aussagen ihres Vorgängers gebunden, wie sie heute noch einmal ganz deutlich per Agenturmeldung hat mitteilen lassen. Ich sage: Auch jetzt diskriminiert Ihre CSU-Maut die EU-Ausländer. Sie ist und bleibt ein mittelalterlicher Wegezoll, der überhaupt nicht zum europäischen Gedan- ken passt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Punkt zwei: die elektronische Vignette, wie wir letzte Woche dem Internet entnehmen konnten. Damit keine Bildchen an jeder Autoscheibe kleben, geben Sie sich ganz modern. – Da war doch einmal etwas: Minister für Modernität oder irgendetwas anderes. – Es müssen nur alle Fahrzeuge fotografiert werden. Das ist wie bei der Lkw-Maut, hat aber einen kleinen Haken. Die Daten werden bei den Pkw nämlich nicht sofort gelöscht. Sie sollen bis zu 13 Monate aufbewahrt werden. Damit wer- den Bewegungsprofile aller Autofahrer zentral erfasst.

(Karl Holmeier [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)

Die lieben Kollegen vom BKA rufen schon nach den Daten zur Verbrechensbekämpfung.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ich denke, es gibt noch keinen Gesetzentwurf!)

Davor kann ich nur warnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) 

Wenn Sie schon nicht die Finger von der unseligen Maut lassen können, dann korrigieren Sie wenigstens diese Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür. Aber die Vorratsdatenspeicherung ist ja eine CSU-Nummer.

Punkt drei: Ihre Einnahmen. Aus den vollmundigen Ankündigungen ist nichts geworden. Stattdessen wurde es mit jeder Ankündigung weniger. 2013 wurden noch 900 Millionen Euro Einnahmen geschätzt, im Juli dieses Jahres hat der Minister von nur noch 600 Millionen Euro gesprochen. Inzwischen kommt er selbst durcheinander. Er sprach letzte Woche von deutlich mehr als 300 Mil- lionen Euro, dann wieder von einer halben Milliarde Euro. Ja was denn nun? Sie wissen es offensichtlich selbst nicht im Ministerium. Vielleicht sind Ihnen auch ein paar Zahlen durcheinandergekommen. Das kann schon einmal passieren, wenn man Wohltaten für Bayern und die Republik durcheinanderbringt; denn das Ver- kehrsministerium arbeitet nicht nur an der CSU-Maut.

Lassen Sie mich ein Beispiel aufzeigen. Im Sommer wurden fleißig Geschenke verteilt. Dabei hat der Minis- ter natürlich auch an sich und seinen Wahlkreis gedacht.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Ist es eine Sünde, wenn man an seinen Wahlkreis denkt?)

Dort, in Oberau, soll die teuerste Ortsumgehung Bayerns gebaut werden. Zusammen mit drei geplanten Tunneln kostet das Ganze eine halbe Milliarde Euro, genauso viel, wie die CSU-Maut einbringen soll.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Verschwörungstheorie!)

Wir werden genau hinsehen müssen, wohin das Geld am Ende geht.

Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Kollegin.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Frau Präsidentin, ich komme jetzt zum Ende. Es bleibt festzuhalten: Die CSU-Maut ist untauglich und bürokratisch. Sie wird keines, aber auch wirklich keines unserer Probleme lösen, sondern viele neue schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer mit dummen Ideen ein Gesetz machen will, kann auch nur ein dummes Gesetz bekommen. Also, lassen Sie die Finger davon.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) 

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