Wer steuert das Schiff?

Ein Fachgespräch in Bremen befasste sich mit den aktuellen Problemen der maritimen Ausbildung und versuchte Lösungen für das angeschlagene Maritime Bündnis zu finden. Aufgrund der Schifffahrtskrise fahren immer weniger Schiffe unter deutscher Flagge. Antrag "Maritime Ausbildung in Kooperation mit den Küstenländern neu ausrichten" (BT-Drs. 18/2748) Kleine Anfrage "Maritime Ausbildung in Deutschland" (BT-Drs. 18/1728)

23.01.15 –

Unter diesem Motto fand am 23. Januar auf Einladung der grünen Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft ein Fachgespräch zur Zukunft der maritimen Ausbildung sowie des Schifffahrtsstandorts Deutschland statt. Valerie Wilms moderierte die Runde aus Branchenkennern und Interessenten.

 

Die Ausbildungsmöglichkeiten für junge Nautiker an Bord von Handelsschiffen gehen seit Jahren deutlich zurück. Dies hat zur Folge, dass die jungen Studienanfänger sich immer weniger für den maritimen Bereich entscheiden.

In Bremen hat sich nach Angaben der Hochschule zum ersten Semester 2014/15 noch nicht einmal ein Dutzend Studenten im Fach Nautik eingeschrieben. Diese Entwicklung steht auch für andere Studienorte an der Küste. Sollte diese Tendenz weiter anhalten, dürfte das zu langfristig negativen Auswirkungen des Schifffahrtsstandorts Deutschland führen, da trotz Schifffahrtskrise zum Beispiel die See- und Hafenlotsen dringend ihren hohen Nachwuchsbedarf decken müssen.

Im Rahmen der Diskussion wurde nach Gründen der Krise sowie nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Valerie Wilms rief die Politik dazu auf, Visionen zu erarbeiten. Bis zur nächsten Maritimen Konferenz im Oktober sei die Zeit bereits sehr knapp. Jetzt müsse man Butter bei die Fische geben.

 

Michael Vinnen vom Bremer Rhederverein betonte, dass die Ausbildungsförderung des Bundes an die deutsche Flagge gebunden ist. Aus diesem Grund sei es für ihn nicht wünschenswert, dass andere Schiffsregister gewählt würden. Allerdings sei ein Abkoppeln vom Weltmarkt in der Schifffahrt nur schwer möglich. Ähnlich sah dies auch Dirk Max Johns vom Verband Deutscher Reeder (VDR), der Verständnis zeigte für die aktuell zögerliche Haltung der Reeder in der Ausbildung. Denn die Flagge müsse als wirtschaftlicher Faktor betrachtet werden. Johns forderte notfalls Anpassungen des rechtlichen und politischen Rahmens.

Von der Hochschule Bremen machte Thomas Jung deutlich, dass er die wohlwollende Haltung der Reeder zwar anerkennt, jedoch die Entwicklung in der Schifffahrt mit einer wachsenden Anzahl an Zeitverträgen oder Tendenzen zum Lohndumping Sorge bereitet. Selbst sehr gute Absolventen  fänden keine Beschäftigung nach dem Studium, so Werner von Unruh von der Hochschule Elsfleth. Die gesellschaftlichen Kosten würden zu einem späteren Zeitpunkt deutlich größer, wenn wir das Problem auf die lange Bank schieben würden.

Peter Geitmann von der Gewerkschaft Verdi wies darauf hin, dass die deutsche Seeschifffahrt 10-15 Jahre lang vor der Krise sehr wohl Gewinne eingefahren hätte. Jetzt sei es an der Zeit, die Frage zu stellen, ob der Wille für maritimes Know-How in Deutschland noch vorhanden ist. Die Ausbildung in der jetzigen Verfassung sei für die jungen Menschen nicht tragfähig.

Die See- und Hafenlotsen seien in Bezug auf die Zukunft der maritimen Ausbildung eher pessimistisch eingestellt, da sich in den nächsten 12 Jahren ein Bedarf an 400 bis 500 Lotsen ergebe, so der Verbandsvorsitzende Hans-Hermann Lückert. Verglichen mit den absehbar sehr wenigen Absolventen in den folgenden Jahren entstünde eine große Lücke.

 

Aus dem Publikum kamen von Seiten der Studenten Wünsche für eine größere Unterstützung durch die Politik. Auszubildende und Studenten im maritimen Bereich sollten mit ihren Problemen nicht alleine gelassen werden. Für das Problem, keine Anschlussbeschäftigung zu finden, müssen Lösungen gefunden werden. Außerdem kam die Forderung auf, sich über die Rahmenbedingungen in der Schifffahrt Gedanken zu machen, auch in Bezug auf Familienfreundlichkeit nautisch-technischer Berufe.

 

Frank Willmann, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, appellierte dafür, das Seefahrtsrecht zu novellieren. Ferner müsse eine Form für Gespräche geschaffen werden, mit deren Hilfe das Maritime Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt wieder auf neue Beine gestellt werde.

 

Antrag "Maritime Ausbildung in Kooperation mit den Küstenländern neu ausrichten" (BT-Drs. 18/2748)

Kleine Anfrage "Maritime Ausbildung in Deutschland" (BT-Drs. 18/1728)

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