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08.09.11 –
Im Kurzinterview mit dem Pinneberger Tageblatt betont Valerie Wilms ihre Haltung zum Euro: "Wir müssen enger zusammenrücken." Die Alternative zu Euro und Währungsunion wäre ein offenes Scheunentor für Finanzspekulanten, die nach und nach gegen einzelne Volkswirtschaften wetten und diese in die Pleite treiben.
Wie ist Ihre Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ?
Wilms: Es ist gut, dass die Klagen zurück gewiesen wurden und wir uns in Europa weiter gegenseitig stützen können. Das Bundesverfassungsgericht schafft Klarheit und stärkt das Parlament als Vertretung des Volkes. Einen Automatismus, der den Willen der Bürgerinnen und Bürger ignoriert, wird es nicht geben. Der Bundestag muss auch zukünftig in die Entscheidungen zu Stabilität und Euro-Rettung eingebunden werden.
Fühlen Sie sich als Parlamentarier von der Bundesregierung ausreichend in die Entscheidung eingebunden und über das Vorhaben informiert?
Wilms: Schön wäre es, wenn klar wäre, was die Bundesregierung selbst will. Union und FDP sind tief zerstritten. Aus Wahltaktik werden europäische Partner vor den Kopf gestoßen. In Zeiten globaler Finanzmärkte und weltweiter Auswirkungen brauchen wir eine starke EU. Deutschland muss als größte Volkswirtschaft klare Ansagen machen und stabilisierend wirken. Das sehe ich bei der Bundesregierung nicht.
Fühlen Sie sich ausreichend informiert, um über den ESFM abzustimmen? Wie bereiten Sie sich inhaltlich auf dieses komplexe Thema vor?
"In unserer Fraktion haben wir sehr gute Fachleute, die Positionen erarbeiten und die wir dann in der Fraktion diskutieren. Leicht macht sich das niemand. Uns allen ist bewusst, dass wir an einem Scheideweg stehen: Entweder befördern wir Europa in die globale Bedeutungslosigkeit oder wir verleihen dieser großartigen Idee eines vereinten, friedlichen und wohlhabenden Europas einen kräftigen Schub. Ein neues und starkes Europa wird es nicht zum Nulltarif geben. Das müssen wir klar und deutlich sagen und schließlich auch zu unseren Entscheidungen stehen."
Werden Sie in Ihren Wahlkreisen von Bürgern auf das Thema angesprochen? Wie ist die Resonanz und wie vermitteln Sie die anstehenden Entscheidungen den Bürgern?
Natürlich werde ich angesprochen. Die Verunsicherung ist groß. Viele Menschen sind beunruhigt und fragen mich zum Beispiel, ob ihre Spareinlage oder die Rente noch sicher ist und ob Griechenland daran schuld ist. Ich mache dann auf die Fehler der Vergangenheit aufmerksam. So haben wir zwar eine gemeinsame Währung aber keine abgestimmte Finanz- und Wirtschaftspolitik. Das ist in etwa so, als ob ein paar Freunde zwar eine gemeinsame Spardose haben und sich jeder was raus nimmt, aber nie darüber gesprochen wird, ob noch Geld drin ist. Das funktioniert einfach nicht. Man muss sich abstimmen und dafür brauchen wir ein eindeutiges europäisches System, etwa einen europäischen Finanzminister. Jetzt rennen wir jedes Mal los, wenn es brennt - wir müssen aber feste Brandmelder einbauen und damit vorbeugen.
Wie beurteilen Sie im Allgemeinen die Zukunft des Euros und Währungsunion?
Allen muss klar sein, dass einzelne europäische Nationalstaaten heute keine Chance mehr gegen ein globalisiertes Finanzsystem haben. Wir müssen enger zusammenrücken. Die Alternative zu Euro und Währungsunion wäre ein offenes Scheunentor für Finanzspekulanten, die nach und nach gegen einzelne Volkswirtschaften wetten und diese in die Pleite treiben. Dieses Europa will ich mir gar nicht ausmalen und deswegen müssen wir Deutschen jetzt den schwächeren Staaten unter die Arme greifen und Milliarden in die Hand nehmen.
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