Autobahngesellschaft: Ich befürworte die Neuorganisation

Ich habe heute in Bezug auf die Einrichtung einer Autobahngesellschaft anders abgestimmt als meine Fraktion. Aus Respekt vor meiner Fraktion habe ich mich enthalten – auch wenn ich die Neuorganisation der Autobahnverwaltung befürworte.

01.06.17 –

Zur heutigen Abstimmung über die Autobahngesellschaft im Zuge der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs erklärt Dr. Valerie Wilms, Obfrau im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur:

Ich habe heute in Bezug auf die Einrichtung einer Autobahngesellschaft anders abgestimmt als meine Fraktion. Aus Respekt vor meiner Fraktion habe ich mich enthalten – auch wenn ich die Neuorganisation der Autobahnverwaltung befürworte. Eine Ablehnung war mir aber nicht mehr möglich. Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt viele gefährliche Elemente, die eine Privatisierung ermöglicht hätten. Die Koalition hat jedoch sehr entscheidende Änderungen vorgenommen und damit auch auf die vielfache Kritik auch aus meiner Fraktion reagiert.

Meiner Fraktion und mir war es wichtig, eine Neuorganisation ohne Privatisierung zu ermöglichen. Deswegen sollte eine Aktiengesellschaft ebenso ausgeschlossen werden wie die Beteiligung Dritter an Tochtergesellschaften. Auch ein Verbot zur Kreditaufnahme und die Einhaltung der Schuldenbremse sind notwendig. Meine Fraktion hat starke parlamentarische Kontrollrechte verlangt und zusätzliche Prüfrechte für den Bundesrechnungshof. Auf all diese Forderungen ist die Koalition eingegangen. Einzig bei Öffentlich-Privaten Partnerschaften kann sich die Koalition nicht zu einem Ende dieser viel zu teuren Beschaffungsvariante durchringen. ÖPPs werden aber nach meiner Einschätzung in der Zukunft nur eine geringe oder auch gar keine Rolle mehr spielen, da eine Autobahngesellschaft in öffentlicher Hand die Möglichkeiten des privaten Rechts nutzen kann ohne sich teuer am Markt finanzieren zu müssen.

Die Koalition hat die meisten Punkte im Begleitgesetz geregelt – das ist anders als es meine Fraktion bevorzugt hätte. Da das Grundgesetz die grundsätzliche Verfasstheit unseres Landes regeln soll, kann ich aber nachvollziehen, dass hier nicht die Details des Straßenbaus festgelegt werden sollen. Nicht akzeptieren kann ich das Argument, neue Mehrheiten könnten anders beschließen. Denn das ist das Wesen der Demokratie.

Insgesamt wird mit den Änderungen deutlich, dass es sich um eine Neuorganisation der Autobahnen handelt und nicht mehr um ein verstecktes Geschenk an Banken und Versicherungen. Die teilweise sehr lautstarken Warnungen vor einer Privatisierung öffentlichen Eigentums sind nach den Änderungen nicht mehr sachgerecht.

 

<script id="tv7114781" src="https://webtv.bundestag.de/player/macros/bttv/hls/player.js?content=7114781&amp;phi=default"></script>

 

Meine Erklärung zur Abstimmung im Wortlaut:

Werte Kolleginnen und Kollegen!

Herzlichen Dank, dass Sie mir noch zuhören möchten.

Ich habe heute in Bezug auf die Einrichtung einer Autobahngesellschaft anders abgestimmt als die Mehrheit meiner Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Fraktion und ich stimmen darin überein, dass die Neuorganisation der Bundesautobahnen notwendig ist. Die Defizite sind einfach zu offensichtlich. Es ist gut, dass sich meine Fraktion nach langer Debatte zur Einrichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bekennt. Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt viele gefährliche Elemente, die eine Privatisierung ermöglicht hätten. Ich freue mich deswegen, dass die Mehrheit in diesem Haus sehr entscheidende Änderungen vorgenommen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Damit wurde auf die vielfache Kritik auch aus meiner Fraktion reagiert. Es ist gut für unsere Demokratie, wenn bei einer solch entscheidenden Änderung des Grundgesetzes auch auf die Opposition gehört wird, selbst wenn sie für die Erreichung der Mehrheit nicht unbedingt notwendig ist.

Meiner Fraktion und mir war es wichtig, eine Neuorganisation ohne Privatisierung zu ermöglichen. Deswegen sollte eine Aktiengesellschaft ebenso ausgeschlossen werden wie die Beteiligung Dritter an Tochtergesellschaften. Auch ein Verbot zur Kreditaufnahme und die Einhaltung der Schuldenbremse sind notwendig. Meine Fraktion hat starke parlamentarische Kontrollrechte und zusätzliche Prüfrechte für den Bundesrechnungshof verlangt. Auf alle diese Forderungen ist die Koalition eingegangen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Einzig bei öffentlich-privaten Partnerschaften kann sich die Koalition nicht zu einem Ende dieser viel zu teuren Beschaffungsvariante durchringen. Hier soll es nun wenigstens zu einer Beschränkung des Status quo kommen. Ganze Teilnetze dürfen nicht im Rahmen von ÖPP vergeben werden; das haben wir gehört.

Aus meiner fachlichen Sicht komme ich jedoch zu der Einschätzung, dass ÖPPs in der neuen Gesellschaft nur eine geringe und langfristig auch gar keine Rolle mehr spielen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Nationen. Denn eine Autobahngesellschaft in öffentlicher Hand kann die Möglichkeiten des privaten Rechtes nutzen, ohne sich teuer am Markt finanzieren zu müssen.

(Bettina Hagedorn (SPD): Genau!)

Im Gesamtblick sehe ich - einmal abgesehen von ÖPP - die Forderungen meiner Fraktion erfüllt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Man kann darüber diskutieren, ob alle Forderungen im Grundgesetz festgeschrieben werden müssen. Die Koalition hat die meisten Punkte im Begleitgesetz geregelt. Das ist anders, als meine Fraktion es bevorzugt hätte. Das Grundgesetz regelt die grundsätzliche Verfasstheit unseres Landes. Es ist deswegen sehr diskussionswürdig, ob hier die Details des Straßenbaus festzulegen sind.

Nicht akzeptieren kann ich das Argument, neue Mehrheiten könnten anders beschließen. Das ist das Wesen der Demokratie.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Neue Mehrheiten sollen in einer Demokratie selbstverständlich das Recht haben, anders zu gestalten, auch wenn mir persönlich die Richtung dann vielleicht nicht mehr passt.

Die Koalition hat sehr wesentliche Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen. Dadurch wird für mich deutlich, dass es sich um eine Neuorganisation der Autobahnen handelt und nicht etwa um ein verstecktes Geschenk an Banken und Versicherungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die teilweise sehr lautstarken Warnungen vor einer Privatisierung öffentlichen Eigentums sind nach den Änderungen, die jetzt vorgenommen wurden, einfach nicht mehr sachgerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich bitte meine Fraktion um Verständnis, dass ich hier zu einer anderen Einschätzung gekommen bin. Aus Respekt vor der Mehrheit meiner Fraktion habe ich mich deswegen enthalten, auch wenn ich die Neuorganisation der Autobahnverwaltung befürworte.

Ich danke allen, mit denen ich über viele Jahre an einem Konzept für eine Autobahngesellschaft gearbeitet habe. Die eigentliche Arbeit, werte Kolleginnen und Kollegen, fängt jetzt erst an. Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)

Kategorie

Beiträge | Pressemitteilung | Straße