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WSV-Reform fortsetzen statt ausbremsen

Die große Koalition verspielt leichtsinnig die Chancen einer Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Die in 2012 gestartete Reform bleibt jetzt kraftlos auf nicht einmal halber Strecke stehen. Ein Reformwille ist nicht erkennbar, obwohl wir die Verwaltung dringend effizienter aufstellen müssen.

13.11.14 –

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Vizepräsidentin Petra Pau:

Die Kollegin Dr. Valerie Wilms hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Lassen Sie uns als Erstes festhalten: Unsere Beschäftigten in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung leisten hervorragende Arbeit. Das können wir gar nicht oft genug betonen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie unterhalten die vielen Wasserstraßen und sind dafür zuständig, dass unzählige Kanäle, Schleusen und Brü- cken reibungslos funktionieren. Die vielen motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ich auf meinen Reisen zu den Ämtern der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung persönlich kennengelernt und schätzen gelernt habe, sind es inzwischen leid, auf die Umsetzung der Re- form zu warten. Es muss jetzt endlich losgehen. Sonst glaubt niemand mehr an eine Reform.

Liebe Kolleginnen und Kollegen dieser großen Stillstandskoalition,

(Gustav Herzog [SPD]: Frau Kollegin Wilms! Unserem Tempo können Sie gar nicht folgen!)

Ihr Antrag macht deutlich – genauso wie das, was Frau Hagedorn eben gesagt hat; da hilft es auch nichts, wenn Sie, Herr Herzog, hier etwas hineinbölken –, dass Sie eine Reform überhaupt nicht wollen

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und damit den Stillstand in der Mammutbehörde WSV in Stein meißeln.

Bereits seit Anfang der 90er-Jahre begleiten wir das Projekt WSV-Reform im Bundestag. Jetzt hatten Sie wirklich die einmalige Gelegenheit, mit der begonnenen Reform, die in der letzten Wahlperiode auf Druck fast aller Fraktionen, außer der SPD und der Linkspartei, ange- stoßen wurde, ein gutes und sinnvolles Projekt weiterzuführen. Stattdessen bleibt die Reform noch nicht einmal auf halber Strecke stehen. Aufgemachte Baustellen werden gar nicht erst abgeschlossen.

Lassen Sie mich drei Baustellen nennen:

Erstens. Effizienten Verwaltungsstrukturen und mehr Verantwortung für die Beschäftigten geben Sie eine Ab- sage. Kosteneinsparungen und wirtschaftliches Handeln bleiben weiterhin Fremdworte.

Zweitens. Die auf dem Papier neu gegründete GDWS, Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, hat zwar in Bonn mittlerweile irgendwo eine Hütte gefunden, aber es findet sich immer noch kein Mitarbeiter dafür. Niemand möchte dort arbeiten. Daher frage ich Sie: Bis wann wollen Sie eigentlich die neue Leitungsebene der WSV in Bonn wirklich einrichten? Wann sind Mitarbeiter der WSV wirklich bereit, dorthin zu gehen?

Drittens. Der neue Zuschnitt der Ämter sollte bis 2020 fertiggestellt sein. Jetzt sieht man das nicht mehr so eng und peilt 2024 an. Womöglich wird es aber noch später oder gar nichts. Das zeigt: Sie verschieben jetzt alles auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Verantwortliches Handeln, Herr Minister, Herr Staatssekretär, liebe Kolle- ginnen und Kollegen der so Großen Koalition, sieht anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie Sie so etwas richtig machen können, haben wir Ihnen vor ein paar Wochen hier im Plenarsaal gezeigt, zwar nicht an einem späten Freitagnachmittag, aber an einem Donnerstagabend. Wir haben Ihnen gezeigt, wie eine Reform gelingen kann.

Wir brauchen dringend eine echte Anlagenbuchhaltung. Herr Minister, Sie hatten mir gesagt, dass gerade einmal 10 Prozent aller Wasserstraßen bewertet sind. Schauerlich! Damit hätte man schon längst weiter sein können. Wir brauchen dringend ein echtes Controlling. Ich habe immer noch nicht gesehen, dass hier ein richtiges System eingeführt worden ist. Wir brauchen dringend eine echte Kosten- und Leistungsrechnung, die bis in alle Ebenen geht. Fehlanzeige!

Ohne dass diese Punkte umgesetzt werden, wird es keine Budgetverantwortung der Mitarbeiter vor Ort geben können. Apropos Mitarbeiter: Bisher kann uns die Bundesregierung auf Nachfrage noch nicht einmal klar beantworten, wie viele Mitarbeiter die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung tatsächlich für die Erledigung welcher Aufgaben benötigt. Wir haben es eben schon ge- hört: 12 000 oder 14 000, würfeln wir doch. Trotzdem werden schon einmal die Behördenreviere neu strukturiert oder – sagen wir es besser – an Wahlkreisgrenzen angepasst. Lieber Herr Minister, das Thema hatten wir schon gestern bei der Mautdebatte, an der Sie leider nicht teilnehmen konnten.

(Alexander Dobrindt, Bundesminister: Ja, schade!)

Ich erinnere an die Ortsumgehung in Oberau in Ihrem Wahlkreis.

Das ist die falsche Reihenfolge. So geht das nicht. Konsequent und sinnvoll wäre: erst Personalbedarfspla- nung und dann die Vorlage des Standortkonzepts. Aber Sie erarbeiten erst ein unausgegorenes Standortkonzept und schauen dann, wie viele Beschäftigte Sie wo unter- bekommen. Das kann nicht funktionieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem bin ich gespannt, wie Sie mit der von uns schon lange geforderten Priorisierung der Wasserstraßen umgehen werden. Hier gibt es Bestrebungen aus bestimmten Ecken Ihres Hauses, Herr Minister, bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplanes diese ganzen Priorisierungen wieder einzusammeln. Wenn Sie das wirklich vorhaben, können Sie die Arbeit am Bundesverkehrswegeplan auch gleich ganz einstellen. Das wäre nach meiner Auffassung wirklich die beste Lösung; denn dann verkommt dieser Bundesverkehrswegeplan nicht wieder zu einer unfinanzierbaren Wunschliste.

Ich fordere Sie daher auf: Halten Sie sich an Ihre Versprechen beim Bundesverkehrswegeplan! Das werden wir im nächsten Jahr hoffentlich sehen. Gehen Sie diese Reform endlich an! Beenden Sie die Zeit der leeren Sprechblasen! Die Beschäftigten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und die Schifffahrt werden es Ihnen danken.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 

 

(Rede vom 07.11.2014)

Kategorie

Maritime Wirtschaft | Rede | Schifffahrt | WSV-Reform