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Kein weiteres Betondenkmal

Gastbeitrag in den Lübecker Nachrichten am 22. Juni 2016 Die geplante Fehmarnbeltquerung ist ein Mammut-Projekt: Hohe Kosten, sehr geringer Nutzen. Und die Holsteiner sind die leidtragenden einer falschen Verkehrspolitik. Dänemark und Deutschland brauchen gute Verbindungen, aber die haben sie auch heute schon.

22.06.16 –

Gastbeitrag in den Lübecker Nachrichten am 22. Juni 2016

Seit Jahren wird um eine Landverbindung durch den Fehmarnbelt zwischen Dänemark und Deutschland gerungen. Erst als Brücke, inzwischen als Tunnel. Und das, obwohl auch die Fähren schon jetzt den Verkehr aufnehmen. Es bleibt weiterhin ein Projekt mit vielen Unbekannten, bei dem nicht der Nutzen im Vordergrund steht.

Dabei geht es alleine um Prestige. Die Verkehrszahlen geben jedenfalls keinen Anlass für einen Ausbau in diesen Dimensionen. Auch die Kosten wurden bisher immer schöngerechnet. Zuletzt stiegen die einst geplanten 800 Millionen Euro auf über 2 Milliarden an – und das sind nur die Kosten auf deutscher Seite. Über 7 Milliarden Euro kommen auf dänischer Seite noch hinzu. Planungsänderungen sorgen für Verzögerungen und Mehrkosten. Auf deutscher Seite ist noch überhaupt nicht klar, welche Hinterlandanbindungen genau gebaut werden. Die Fehmarnsundbrücke müsste erneuert werden, auch das ist ein weiterer Kostentreiber. Und das alles für die paar Züge und die paar Autos, die den Tunnel irgendwann einmal nutzen sollen.

Den Preis, den die Anwohner zahlen müssen, ist hoch. Güterzüge nach Dänemark würden dann über die neue Trasse geleitet, sofern sie denn fertig wird. Das bringt deutlich mehr Lärmbelastung für alle. Es wäre Lärmschutz nötig, genauso wie er für Neubaustrecken vorgesehen ist. Auf der Straße wird sich der Verkehrszuwachs deutlich in Grenzen halten: Der Tunnel soll für sage und schreibe 9.500 Fahrzeuge pro Tag gebaut werden. Das sind Zahlen für eine Landesstraße, aber keine, die einen Tunnelbau mit Autobahn rechtfertigen. Über die Rader Hochbrücke rauschen täglich 42.500 Fahrzeuge.

Der Unmut der Bevölkerung ist absolut nachvollziehbar. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass gegen das Projekt geklagt wird. Damit würde auch ein Baubeginn vor dem Jahr 2020 immer unwahrscheinlicher. 

Hinzu kommen die Folgen für die Seesicherheit während der Bauphase. Der Fehmarnbelt ist ein häufig befahrener Seeweg in der Ostsee. Schon heute ist die Ostsee vielbefahren – dabei sind vor allem auch Öltanker. Durch die Bauarbeiten während der Fertigstellung würde sich die Gefahr von Unfällen noch erhöhen. Wir fordern daher während der Bauphase ein Überholverbot für Schiffe im Fehmarnbelt, um die Gefahr für die Umwelt zu verringern. Ölunfälle in der Ostsee hätten besonders schlimme Folgen.

Die Zeit der überdimensionierten Großprojekte nach Politiker-Wünschen ist vorbei. Entscheidend ist vor Beginn von Planungen ein echter Dialog mit den Menschen vor Ort. Das ist auch bei diesem Projekt wieder vergessen worden. Ein nachträgliches Dialogforum hilft da wenig. Die Bundesregierung muss endlich anerkennen, dass die Faktenlage gegen das Projekt spricht.

Annäherung der Staaten und bessere grenzüberschreitende Kontakte sind immer begrüßenswert. Aber die Frage ist, ob das über das Projekt Fehmarnbelt gelingen kann. Ich habe da so meine erheblichen Zweifel.

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