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Globaler Rahmen für ein nachhaltiges Wirtschaften

Rede am 29. September 2011 - zu Protokoll gegeben: Die Debatte zum Europäischen Stabilitätsfonds hat sich in die Länge gezogen. Das war zu erwarten. Damit verschoben sich die weiteren Debattenpunkte immer weiter nach hinten. Die Nachhaltigkeitsdebatte fiel hinten runter. Dabei fehlt es gerade den globalen Finanzmärkten an Nachhaltigkeit. Lesen Sie hier die zu Protokoll gegebene Rede von Valerie Wilms zu einem globalen Pakt für ein nachhaltiges Wirtschaften:

29.09.11 –

Rede am 29. September 2011 - zu Protokoll gegeben:

Die Debatte zum Europäischen Stabilitätsfonds hat sich in die Länge gezogen. Das war zu erwarten. Damit verschoben sich die weiteren Debattenpunkte immer weiter nach hinten. Die Nachhaltigkeitsdebatte fiel hinten runter. Dabei fehlt es gerade den globalen Finanzmärkten an Nachhaltigkeit. Lesen Sie hier die zu Protokoll gegebene Rede von Valerie Wilms zu einem globalen Pakt für ein nachhaltiges Wirtschaften:

Anrede,

heute Morgen haben wir uns hier in diesem Hause erneut mit der Stabilisierung des europäischen Finanzmarktes beschäftigen müssen ‑ leider.

Deutschland hat seinen Anteil am Gewährleistungsrahmen deutlich erhöht auf 211 Mrd. Euro. Das sind 2/3 des Volumen eines jährlichen Bundeshaushalts. Ist das nachhaltig oder nicht? Darüber wird heftig gestritten. Wirklich wissen werden wir das erst, wenn alles wieder im Lot ist.

Die Finanzkrise macht deutlich, dass wir um eine nachhaltige Wirtschaftsweise nun wirklich nicht mehr herum kommen. Wenn Schulden nicht ausreichend reale Werte gegenüber stehen, klappt das Kartenhaus aus Spekulationen zusammen.

Aber es gibt durchaus Wege aus diesem Dickicht heraus: Ein wesentlicher Baustein ist, dass der Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen ausreichend Rechnung getragen wird. Davon sind wir bei der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung und deren Fortschreibung, über die wir heute reden, noch weit entfernt. Darüber sind wir uns im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung übrigens über alle hier im Bundestag vertretenen Fraktionen einig.

Jetzt zur Nachhaltigkeit unseres Naturkapitals. Denn wir reden heute auch über den interfraktionellen Antrag zur Konferenz für Umwelt und Entwicklung nächstes Jahr in Rio de Janeiro.

Noch mitten in der Phase des gewaltigen Wirtschaftswachstums nach den Weltkriegen, 1972, wurden wir auf die Grenzen des Wachstums – so lautete der Titel des Buches – aufmerksam gemacht. Manch einer erinnert sich noch an die autofreien Sonntage 1973 zu Zeiten der ersten Ölkrise.

Das Phänomen der Verschwendung von Gütern, die nichts kosten, ist schon lange in der Volkswirtschaftslehre bekannt. Sie werden externe Effekte genannt.

Treibhausgase, Meeresverschmutzung, die Zerschneidung von Landschaften und Lebensräumen und der damit einhergehende Verlust an Artenvielfalt zählen zum Beispiel dazu. Aber auch die Endlichkeit von Ressourcen bilden sich nicht wirklich im Marktpreis ab. Würden wir die Tiefseebohrungen verbieten, würde der Preis pro Barrel in die Höhe schnellen, weit mehr als die Grünen dies jemals vorgeschlagen haben.

Wir verhalten uns bislang so als hätte die Erde keine Grenzen. Heute wissen wir alle, das wir uns hier geirrt haben.

Vorgestern, am 27. September, haben wir den Earth Overshoot Day gehabt. Von Feiern können wir da wirklich nicht reden. Seitdem leben wir zu Lasten unserer nachfolgenden Generationen.

Aber immer noch zögern wir, die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Woran liegt das?

Gäbe es eine demokratisch legitimierte globale Regierung, eine Global Governance, die Standards setzen würde, so würden sie für alle gelten. Wir haben sie nicht. Aber ohne kompetente Zuständigkeit auf globaler Ebene kommen wir nicht weiter.

Wir sollten sie schaffen, zumindest im Umweltbereich, möglichst aber auch im Nachhaltigkeitsbereich, also auch in den Bereichen Ökonomie und Soziales. Das ist eine gemeinsam getragene Forderung im interfraktionellen Antrag, die wir der Bundesregierung mit auf den Weg geben zur Weiterentwicklung des Rio-Prozesses

-         jetzt im Oktober für die Verhandlungen auf europäischer Ebene und

-         im Juni nächsten Jahres auf Ebene der Vereinten Nationen.

Zudem benötigen wir einen regulatorischen Rahmen für die Wirtschaftsakteure. Freiwillige Selbstverpflichtungen helfen nur so lange Gewinn gemacht wird. Wir brauchen mehr Verbindlichkeit.

Was ist zu tun?

Wir müssen auf der einen Seite umweltschädliche Subventionen abbauen, auf der anderen Seite dafür sorgen, dass Zukunftstechnologien auf dem Markt eine Chance bekommen.

Dazu brauchen wir ein politisches Instrumentarium, mit dem in die richtige Richtung gesteuert wird. Die Endlichkeit von fossilen Ressourcen, aber auch der Grad an Emissionen beim Abbau, Transport, der Verarbeitung und auch der Wiederverwertung müssen darin zum Ausdruck kommen.

Preise müssen also die wahren Kosten widerspiegeln. Erst so schaffen wir die Basis für Effizienz und für echte zukunftsfähige Alternativen.

Nehmen wir jetzt unsere Verantwortung wahr, handeln wir und geben wir den weniger entwickelten Ländern ein gutes Beispiel. Sonst setzen wir alles aufs Spiel, auch hier bei uns.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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