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Fachgespräch zur PKW-Maut

Am 31. März diskutierte Valerie Wilms mit Verkehrsfachleuten über Sinn und Unsinn einer PKW-Maut für Ausländer, wie sie der CSU im vergangenen Jahr als Wahlkampfschlager getaugt hat. Inzwischen spricht sie nur noch von einem "Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassener PKWs", da sie mit der Idee unter anderem kräftigen Gegenwind von der EU bekommen hat. Welchen Beitrag also Nutzer der Verkehrsinfrastruktur in Zukunft zur Finanzierung leisten sollen, war Diskussionsgrundlage für ein Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion.

10.04.14 –

Als Tropfen auf den heißen Stein scheint der Wahlkampfschlager der CSU – die PKW-Maut für Ausländer. Ob diese wirklich die erwarteten Einnahmen bringen wird und ob diese mit dem Recht der Europäischen Union diskriminierungsfrei umsetzbar ist, waren zentrale Fragen eines Fachgesprächs der Fraktion, das Valerie Wilms, Berichterstatterin der Fraktion für Verkehrsfinanzierung, moderierte.

Die Bundesstraßen in Deutschland werden derzeit hauptsächlich durch Steuermittel aus dem Haushalt finanziert, aber auch über Einnahmen aus der Maut für Lastkraftwagen (LKWs). Die Bundesregierung plant auf Wunsch der CSU, die Nutzerfinanzierung etwas zu erweitern. Doch diese Nutzerfinanzierung ist bei weitem nicht ausreichend, um sämtliche Kosten für den Erhalt der Straßen aufzubringen, geschweige denn Geld in Neu- und Ausbau fließen zu lassen.

 

(von links nach rechts: Ulrich Klaus Becker, ADAC, Prof. Dr. Franz Mayer, Universität Bielefeld, Dr. Valerie Wilms MdB und Dr. Toni Hofreiter MdB)

 

Professor Mayer von der Universität Bielefeld stellte fest, dass eine Maut als „Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassener PKWs“ (Maut nach CSU-Vorschlag) gegen das Diskriminierungsverbot von EU-Staatsangehörigen verstoße und dadurch nicht EU-rechtskonform sei. Dass Deutschland einfach die „Ausländer-Karte“ ziehe, gelte nicht. Auch stellte er die Frage, warum nur Ausländer (oder nichtdeutsche EU-Staatsbürger) die Kosten der deutschen Straßen-Infrastruktur bezahlen sollen. Die Frage der steuerlichen Kompensation deutscher Fahrzeughalter im Rahmen einer Maut sei außerdem schwierig zu beantworten – denn auch das verstoße gegen das Diskriminierungsverbot.

Einfacher als die Einführung der „CSU-Maut“ sei es wohl, Maut für Norweger, Schweizer, Weißrussen oder Fahrzeughalter aus dem Vatikanstaat zu erheben. Aber ein Pickerl allein für das Papamobil könne die CSU mit ihrem Vorschlag nicht gewollt haben, so Mayer.

Sollte Deutschland eine PKW-Maut einführen, würden die Nachbarstaaten das nicht so einfach hinnehmen und ihr Recht wahrnehmen, dagegen zu klagen, stellte der Vizepräsident des ADAC, Herr Becker fest. Vielmehr sollten LKW durch ihre stärkere Straßenabnutzung auch angemessen an der Maut beteiligt werden. Auch der Kostenpunkt für eine Maut mit relativ geringen Einnahmen sei beachtenswert, so würde die Pkw-Maut etwa 300 Millionen Euro an Verwaltungskosten verursachen – bei reinen Einnahmen von 308 Millionen Euro!

 

(v. l. n. r.: Prof. Dr. Alexander Eisenkopf, Ulich Klaus Becker, ADAC, Prof. Dr. Franz Mayer, Universität Bielefeld, Dr. Valerie Wilms MdB, Dr. Toni Hofreiter MdB, Michael Cramer MdEP und Stephan Kühn MdB)

 

Die EU-Kommission hat auf Anfrage von Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der grünen Fraktion im Europäischen Parlament, mitgeteilt, dass eine PKW-Maut nach Wunsch der CSU nicht EU-rechtskonform sei. Das habe sie so bisher auch nicht dementiert. Österreich zum Beispiel hatte einst nur die Brenner-Autobahn bemautet, das musste sie jedoch später aus Diskriminierungsgründen wieder zurücknehmen: Diese Autobahn wird vorwiegend von Ausländern zum Transit genutzt. Einer allgemeinen diskriminierungsfreien Nutzerfinanzierung stünde jedoch auch in Deutschland zumindest EU-Wettbewerbsrechtlich nichts im Wege. Damit könnte auch eine Kostenklarheit und Kostengerechtigkeit hergestellt werden, denn zum Beispiel auf den Eisenbahnlinien werde Schienenmaut gezahlt und der Treibstoff für Lokomotiven werde besteuert. Der Luftverkehr ist jedoch von der Kerosinsteuer und der internationale Flugverkehr von der deutschen Mehrwertsteuer befreit. In Zukunft müssten die externen Kosten der Autos stärker einbezogen werden, so Cramer.

Herr Eisenkopf, Professor an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, stellte fest, dass die Probleme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung nicht neu sind. Doch stellt sich jetzt in Deutschland verstärkt die Frage der Nutzerfinanzierung. Das habe auch die sogenannte Daehre-/Bodewig-Kommission“ vorgeschlagen. Doch hätte sich die Kommission nicht an die Forderung einer PKW-Maut herangetraut bzw. tauche diese nur kurz in deren Bericht auf. Wenn aber Preise erhoben werden, müsse auch das Angebot entsprechend angepasst werden. Eine Vignette sei der einfachste Weg, auch wenn diese keine lenkende Wirkung habe. Abgesehen von den Straßen seien auch die Schienen- und Wasserwege unterfinanziert, doch es fehle an einem Gesamtkonzept, wie das Verkehrsnetz nicht mehr auf Verschleiß gefahren wird.

Wem die CSU-Maut wirklich etwas nutzt, ist also fraglich, zumal nicht einmal die CSU oder das von ihr geführte Verkehrsministerium selbst ein Konzept für eine solches Mautsystem vorweisen kann. So viel wurde im Rahmen der Diskussion deutlich: Die grüne Fraktion möchte eine auskömmliche Verkehrsinfrastrukturfinanzierung erreichen. Dafür werden nachhaltige Rahmenbedingungen benötigt. Auf der einen Seite ist klar, dass mehr Geld für den Erhalt der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur vorhanden sein muss. Auch die Prioritäten für Neu- und Ausbau der Verkehrswege müssen dann klar sein.

 

Vortrag Prof. Eisenkopf

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