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Auszeichnung für Skysails

Die Hamburger Entwickler von SkySails sind für ihre Zugdrachen ausgezeichnet worden. Valerie Wilms hielt die Laudatio zum Roland Gutsch Project Manangement Award 2012. Mit der Idee können Schiffe Treibstoff sparen, günstiger und umweltfreundlicher fahren.

17.01.13 –

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Begeisterung für die Kraft des Windes geht ganz früh los. Ganz sicher erinnern sich einige hier im Saal/Raum an den Drachen, den man als Kind gebastelt hat. Dann ging es raus auf die Wiese oder einen Hügel. Stundenlang wurde dann versucht, das Ding im Wind zu halten. Meistens ging es so lange, bis es im Sturzflug zu Boden ging. Zerbrochen wurde der Drachen nach Hause gebracht, repariert und wieder gestartet. Das sind wunderbare Erinnerungen für viele.

Oft wird es so sein, dass man irgendwann mit den Kindern und Enkeln loszieht und einen Drachen steigen lässt. Denn es macht einfach großen Spaß, die Kraft des Windes zu beobachten. Sie ist zunächst nicht sichtbar, aber die Luft kann sich  mit unglaublicher Urgewalt bewegen. Man muss lernen, mit ihr umzugehen.

Man kann versuchen, diese Kraft zu beherrschen und ihre Energie für uns Menschen nutzbar zu machen. Um die Kraft des Windes zu nutzen, muss man sie verstehen. Jahrhunderte brauchte man, um zu lernen, wie gegen den Wind gesegelt werden kann. Es war damals eine so entscheidende Entdeckung, dass es zunächst als kriegswichtig geheim gehalten wurde.

Über Jahrhunderte hinweg, haben die Menschen gelernt, die Kraft des Windes immer effizienter zu nutzen. Diese Verbesserungen gab es nur, weil Menschen den Wind immer wieder genau beobachtet haben.

Ich freue mich besonders, wenn es Menschen gelingt, etwas Neues aus solchen Beobachtungen zu machen. Vieles in unserer Welt erscheint alltäglich oder normal. Vieles haben wir in unserer aufgeklärten Welt schon mal irgendwo gesehen oder gehört. Wie oft hört man den gelangweilten Ausspruch „Das ist doch nichts Neues!“

Mich aber fasziniert das. Mich faszinieren vor allem die Ideen, die auf den ersten Blick nicht neu oder absolut bahnbrechend erscheinen. Oft ist es nur eine kleine Neuerung oder ein winziger Dreh an einer bekannten Idee. Manchmal sind es Kombinationen von Bekanntem, die etwas fundamental Neues schaffen.

Dann sind wir verblüfft, dass wir nicht schon lange auf diese Idee gekommen sind. Das Faszinierende daran ist, dass jemand etwas wirklich aufmerksam beobachtet hat. Etwas Bekanntes wurde neu verstanden.

Jemand hat einmal gesagt: Einen Schatz versteckt man am besten dort, wo alle hinschauen – denn da wird man ihn am wenigsten vermuten. So ist es auch bei vielen dieser neuen Ideen. SkySails gehört für mich fraglos dazu. Mit den Ideen von SkySails wurde ein wahrer Schatz gehoben, obwohl wir alle die Grundprinzipien kennen:

Von Kindesbeinen an lassen wir Drachen steigen. Wir wachsen mit ihnen auf und freuen uns, wenn wir sie mit unseren Kindern und Enkeln steigen lassen. Kiten [sprich: kaiten] ist für Erwachsene ein beliebter Sport. An den Stränden oder hier in Berlin auf dem früheren Flughafen Tempelhof, sind fast immer Menschen zu beobachten, die sich von ihren Kites ziehen lassen.

Ich habe mir sagen lassen, dass auch der heutige Preisträger, Stephan Wrage, der Gründer und Geschäftsführer der SkySails GmbH aus Hamburg, ein leidenschaftlicher Kiter ist. Vielleicht – das kann ich nur vermuten – sind ihnen ja dabei die Ideen für die SkySails gekommen.

Auch Segelschiffe gibt es wahrscheinlich, seit dem sich der Mensch aufs offene Meer wagt. Sie gehören seit Jahrtausenden zum kulturellen Gedächtnis der Menschheit. Sie sind heute für Tausende eine große Freizeitfreude, werden immer weiter optimiert, werden schneller und schneller. Viele werden es vermuten: Stephan Wrage segelt natürlich auch gern.

Aus diesen beiden uralten Konzepten, aus Drachensteigen und Segeln, hat Stephan Wrage etwas Neues und Bahnbrechendes geschaffen.

Mit den SkySail-Antrieben können zwischen 10 und 35 Prozent des Treibstoffverbrauchs gesenkt werden. Täglich könnten auf einem Schiff damit bis zu 5.000 US-Dollar für Treibstoff gespart werden. Das ist gleichbedeutend mit dem jährlichen Ölverbrauch von fünf Einfamilienhäusern.

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation kommt zu dem Schluss, dass mit  SkySails pro Jahr etwa 100 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden könnten, wenn es zu einer breiten weltweiten Anwendung kommt. Das sind Daten, bei denen man eigentlich nur fragen kann, warum noch nicht jedes Schiff ein Segel am Bug hat.

Ich weiß, dass es den Reedern nach Jahren mit unfassbaren Wachstumsraten, im Moment nicht besonders gut geht. Trotz deutschem Wirtschaftsboom leidet die Branche. Teilweise selbst verschuldet, gibt es derzeit zu viele Schiffe auf dem Markt. Gegen wirtschaftliche Vernunft wurden in Boomzeiten viel zu viele Schiffe bestellt, die heute niemand braucht.

In diesen Zeiten wird jede Investition mehrfach abgewogen. Tendenziell wird eher nicht investiert. Hier sehe ich auch einen Grund, warum SkySails bisher bei viel zu wenigen Schiffen angewendet wird. Selbst eine Investition, mit der man langfristig effizienter werden kann, wird sehr zurückhaltend gesehen. Derzeit wird vor allem auf Langsamfahrten gesetzt, um Treibstoff zu sparen. Aber das ist nicht genug und vor allem nicht vorausschauend.

Es ist deswegen richtig, auch politischen Druck aufzubauen. Unsere Gesellschaft hat Interesse an günstigen und sauberen Schiffstransporten. Stufenweise wurden deswegen Schutzgebiete, die sogenannten SECA-Gebiete, eingeführt. Nord- und Ostsee gehören dazu. Hier muss mit schwefelarmem Treibstoff gefahren werden.

Auch außerhalb dieser Gebiete muss der Schwefelgehalt stufenweise gesenkt werden, allerdings etwas langsamer als in den Schutzgebieten. Das ist gut für Mensch und Umwelt – aber eben auch teurer. Etwa ein Drittel mehr kostet der schwefelarme Treibstoff. Das müsste doch Anreiz genug sein, mindestens in den Schutzgebieten auf SkySail-Antriebe zu setzen!

So könnten die Mehrkosten – zumindest zum Teil – kompensiert werden. Das ist eine sinnvolle Zukunftsinvestition. Denn ab 2020 muss auch weltweit mit schwefelarmem Treibstoff gefahren werden.

Ich hoffe aber schon jetzt auf kluge und vorausschauende Reeder. Denn eines ist klar: Auch unabhängig von der Senkung des Schwefels im Schiffstreibstoff werden die Öl- und Dieselpreise langfristig nicht mehr sinken. Sie werden massiv ansteigen. Darauf muss sich jeder verantwortungsvolle Reeder einstellen. Die SkySails sind deswegen ein sinnvoller Weg, um Kosten zu senken. Dieser Weg kann schon jetzt gegangen werden. Er sollte genutzt werden.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen.

Ich freue mich, dass die Entwicklungen von SkySails heute hier Anerkennung bekommen. Besonders freue ich mich, weil die Entwickler aus einer alten Idee etwas Neues gemacht haben. Sie sind auch bei dem Antriebssystem nicht stehen geblieben, sondern weiter gegangen. Sie haben das Ganze weiter beobachtet und weiter nachgedacht. So ist die Idee für SkySails Power entstanden. Das ist eine sehr interessante Weiterentwicklung des Drachens, mit dem wir als Kinder einmal angefangen haben.

Ich freue mich auf weitere neue Konzepte aus Ihrer Ideenschmiede, die uns bei einer globalen Energiewende helfen können. Wir wollen unseren Energieverbrauch zu hundert Prozent erneuerbar zu machen. SkySails kann uns dabei helfen.

Dazu brauchen wir Sie, Herr Wrage, und ich gratuliere von ganzem Herzen zum „Roland Gutsch Project Manangement Award 2012“!

Herzlichen Dank!

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