Besatzungen vor Piraterie schützen

Rede im Bundestag (zu Protokoll) Beim Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord von deutschen Handelsschiffen müssen noch viele offene Fragen geklärt werden. Wichtig ist, die Schiffsbesatzungen zu schützen. Sie leiden am stärksten unter  Piraterie. Es ist nicht zu verantworten, sie und ihre Angehörigen bei jeder Passage im Ungewissen zu lassen.

26.04.12 –

Rede im Bundestag (zu Protokoll)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Piraterie ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Seit es Seefahrt und Handel gibt, tritt das Phänomen auf. Verändert hat sich nicht nur die internationale Seeschifffahrt, sondern verändert haben sich auch die Mittel, die von Piraten bei Übergriffen zum Einsatz kommen. Hiergegen müssen Maßnahmen ergriffen werden. Eine gesetzliche Regelung zum Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord deutscher Schiffe soll nun in einem bisherigen rechtlichen Graubereich Klarheit schaffen.

Die deutsche Handelsflotte ist – nach Eignern und Anzahl der Schiffe – die größte weltweit. Sie zählt über 3700 Schiffe und ist weltweit im Einsatz. Keine andere Nation steht also in einer solch großen Verantwortung gegenüber ihren Reedern und der auf den Schiffen Beschäftigten wie Deutschland.

Wegen anhaltender wirtschaftlicher und politischer Instabilität ist vor allem die Küste vor Somalia ein weltweiter Brennpunkt der Piraterie-Angriffe auf Handelsschiffe.

Die bereits seit Jahren anhaltende Piraterie vor der Küste Somalias geht bis weit in den Indischen Ozean hinein. Derzeit wird versucht, die Piraterie militärisch durch die Operation ATALANTA einzudämmen bzw. zu verhindern.

Dass bei dieser militärischen Operation nicht alle Piratenübergriffe auf internationale Handelsschiffe verhindert werden können, steht außer Frage. Dennoch steht Deutschland in der Pflicht zum Schutz der Menschen auf deutschen Schiffen. Die Schiffsbesatzungen sind diejenigen, die am stärksten unter der Piraterie zu leiden haben. Es ist nicht zu verantworten, sie und ihre Angehörigen bei jeder Passage im Ungewissen zu lassen. Sie haben als Hauptbetroffene Recht auf Schutz und einen sicheren Arbeitsplatz, so wie auch jeder Angestellte hier in Deutschland keine Angst auf seinem oder ihrem Arbeitsplatz haben will. Nach deutschem Recht ist dieser Schutz eindeutig eine Polizeiaufgabe – und keine militärische. Ein Einsatz von Polizei auf Schiffen deutscher Flagge ist jedoch aus Kapazitäts- und Kostengründen für die öffentlichen Haushalte nicht möglich. Daher bedient man sich nun der Idee des Einsatzes privater Sicherheitsdienste an Bord von Schiffen. Es werden bereits heute private Sicherheitsdienste an Bord von ausländischen Handelsschiffen eingesetzt. Wir brauchen auch klare Regeln für deutsche Schiffe.

Verschiedene offene Fragen müssen jedoch bei einem Einsatz privater Sicherheitsdienste an Bord von deutschen Handelsschiffen berücksichtigt werden:

  • Welche Aspekte gehen in eine gesetzlich zu regelnde Zertifizierung ein?
  • Welche Arten von Bewaffnung sind erlaubt?
  • Wie wird sichergestellt, dass beim Einsatz von Sicherheitsdiensten auf deutschen Handelsschiffen keine Kriegswaffen eingesetzt werden?
  • Inwieweit wird der Kapitän im Rahmen seiner Anweisungsbefugnis bei der Gefahrenabwehr für die Folgen haftbar gemacht?

In einem bevorstehenden Gesetzesvorschlag der Bundesregierung müssen die oben genannten Fragen geklärt sein. Es darf nicht sein, dass auf Schiffen deutscher Flagge private Sicherheitsdienste Kriegswaffen einsetzen. Das fördert eine Gewaltspirale. Auch müssen die Besatzungen und Sicherheitsdienste im Umgang mit Piraten gut geschult werden. Daher finde ich die Forderung der SPD, eine menschenrechtliche und humanitäre Schulung von Sicherheitsdienstleistern in einem Gesetzesvorhaben mit aufzunehmen, sehr sinnvoll.

Geklärt werden muss auch die Weisungsbefugnis des Kapitäns und dessen Haftung. Es kann nicht sein, dass sich der Kapitän strafbar macht, wenn es zu Personenschäden kommt. Damit dürfen Kapitäne nicht allein gelassen werden.

Ein Lizenzierungsverfahren der Sicherheitsdienste ist auch deshalb erforderlich, weil ohne Registrierungs- und Genehmigungspflicht deutsche Behörden bei vermutetem strafrechtlich relevantem Verhalten erst nach konkreten Verdachtsmomenten handeln können.

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, uns zügig einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der sich im Rahmen der Lizenzierung und Zertifizierung privater Sicherheitsdienste auf internationale Abkommen stützt und die Beschränkungen des Grundgesetzes zum Kriegswaffeneinsatz auf deutschen Schiffen nicht außer Acht lässt. Der Antrag der SPD geht hier voran und sollte auch von der Koalition in den Ausschüssen offen und unvoreingenommen debattiert werden.

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Rede | Seesicherheit