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27.06.13 –
Rede im Bundestag (zu Protokoll)
Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU und FDP „Stärkung des Ausbaus von grenzüberschreitenden Schienenverkehrsachsen“
Es ist erstaunlich, mit welchen Anträgen die Koalition in letzter Minute noch um die Ecke kommt. Ohne Debatte in den Ausschüssen und mit sofortiger Abstimmung soll der Bundestag über die wichtigsten europäischen Schienenprojekte abstimmen. Das ist leider keine seriöse parlamentarische Arbeit. Wir werden die gesamte nächste Wahlperiode Zeit haben, um uns intensiv mit der Zukunft unserer Verkehrsinfrastruktur zu befassen. Der alte Bundesverkehrswegeplan läuft aus. In der nächsten Wahlperiode werden die Weichen für die nächsten fünfzehn Jahre gestellt. Das müssen wir vernünftig und im breiten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern machen – und nicht jetzt im Hauruck-Verfahren kurz vor Torschluss. Erst gestern hat die Deutsche Bahn dem Verkehrsausschuss die Auskunft über ihre Anmeldungen für einen nächsten Bundesverkehrswegeplan verweigert. Die Projekte sollen erst Ende September benannt werden. Gleichzeitig ist das Verkehrsministerium noch mit der grundsätzlichen Methodik zur Projektbewertung beschäftigt. Aus all diesen Gründen bleibt der Sinn dieses Antrages unklar.
Es ist dazu fragwürdig, wie er zur bisherigen Position der Noch-Koalition zu den Transeuropäischen Netzen (TEN) passen soll. Im Januar 2012 haben wir hier über TEN diskutiert. Von dieser Debatte ist vor allem eines hängen geblieben: Ihre große Skepsis gegenüber der EU. Gegen alle Fraktionen haben wir Grünen damals als Einzige die EU-Vorschläge unterstützt. Sie wollen die europäischen Mittel, aber die EU soll sich bitteschön ansonsten aus allem heraus halten. So wird es leider nicht funktionieren. Denn wenn diese europaweit bedeutenden Verkehrswege durchgängig geplant und realisiert werden sollen, müssen die Kompetenzen dafür auch auf europäischer Ebene gebündelt werden. Wenn sich jeder Mitgliedsstaat weitreichende Einflüsse bewahren will, ist das Ergebnis absehbar: Dann werden die Projekte mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten realisiert und die Fertigstellung verzögert. Dazu besteht die Gefahr, dass Regionalinteressen einen übermäßigen Einfluss bekommen und jeder versucht, seinen eigenen Anschluss zu bekommen. Solche Gedanken finden sich auch in dem Antrag. Mit den Transeuropäischen Netzen sollen auch strukturschwache Randgebiete entwickelt werden. Das ist grundsätzlich richtig, nur sollte man hierunter nicht verstehen, dass die Randgebiete, durch welche die Strecken führen, auch überall einen eigenen Anschluss bekommen. Diese Klarstellung vermeiden Sie jedoch und suggerieren, dass jeder seinen Anschluss ans überregionale Netz bekommt. Hierfür brauchen wir vor allem einen klugen Taktverkehr, bei dem kleine und mittlere Zentren mit kurzen Umsteigezeiten optimal an das überregionale Verkehrsnetz angebunden sind.
Wir freuen uns, dass der Antrag einheitliche technische Spezifikationen und einheitliche europäische Regeln im Schienenverkehrsmarkt fordert. Auch hier passt die Forderung jedoch nicht so recht zur sonstigen EU-skeptischen Politik der Koalition. Solche europaweit einheitlichen Regeln sind dringend erforderlich – aber dann brauchen wir auch eine starke europäische Institution, die Standards setzt und kontrolliert. Hier weichen Sie aber immer dann zurück, wenn es konkret wird – wie zum Beispiel bei der Frage nach mehr klaren Kompetenzen für die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) bei der Zulassung von Fahrzeugen.
Insgesamt verfolgt der Antrag einen Ansatz, den wir im Grunde teilen. Aber er passt nicht so recht zur übrigen Politik der Koalition und bleibt bei wichtigen Fragen uneindeutig.
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