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28.10.10 –
Rede im Bundestag am 28. Oktober 2010 (zu Protokoll)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei dem Problem der Kältemittel in Klimaanlagen von PKW erkennen wir einmal mehr, wie sich die Politik von einer starken industriellen Lobby treiben lässt.
Seit fast fünf Jahren ist die EU-Richtlinie verabschiedet. Ein Jahr später wird von den Herstellern ein Placebo angekündigt: Auto-Klimaanlagen sollen auf das umweltverträgliche Kältemittel Kohlendioxid umgerüstet werden.
Kurz bevor die Frist abläuft, kündigen die Hersteller dann aber etwas ganz anderes an: Jetzt sollen neue giftige Produkte der Chemieindustrie das Wundermittel sein. Offensichtlich hofft man mal wieder bei der Autoindustrie, dass es zu spät für ein Gegensteuern der Politik ist.
Damit werden wir künftig eine gesundheitlich bedenkliche, ätzende und brennbare Flüssigkeit in allen Autos mit Klimaanlagen haben. Viele sicherheitstechnische Probleme sind nicht gelöst: Keiner weiß wirklich, was bei Unfällen passiert, wenn der Stoff sich entzündet und hochgiftige und stark ätzende Flusssäure freisetzt. Mit diesem Mittel setzen wir die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher aufs Spiel.
Umweltverbände, Umweltbundesamt und Bundesamt für Materialforschung warnen vor dem Einsatz und selbst der Hersteller gibt in der Produktbeschreibung an, dass dieses Mittel hochentzündlich ist. Das hat nichts in einer Auto-Klimaanlage zu suchen!
Es ist völlig unverständlich, wie die Bundesregierung diese Warnungen ignorieren kann und – so seltsam das aus dem Mund einer Grünen klingen mag – vielleicht muss man die Koalition daran erinnern, dass dieses Land noch immer ein Land der Autofahrer ist: Millionen von Menschen werden dieses gefährliche Mittel täglich mit ihrem Auto durch die Gegend fahren. Selbst bei bester Qualität der Fahrzeuge und höchster Sicherheitsausstattung werden auch zukünftig leider Verkehrsunfälle vorkommen. Auch zukünftig werden Autos altern, Klimaanlagen undicht und Reparaturen verschleppt. Vor allem jedoch müssen all diese Fahrzeuge mit ihren Klimaanlagen wieder recycelt werden und ein hochgiftiger Stoff muss dann entsorgt werden.
Ich bezweifle, ob diese Aspekte wirklich bis zu Ende gedacht wurden. Ich befürchte vielmehr, dass wir uns wieder sehenden Auges ein Problem mehr aufhalsen. Hier wird leider nur wieder an den kleinen Vorteil heute und überhaupt nicht nachhaltig gedacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden in der Politik mal wieder von einer großen Industrie vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Bundesregierung interessiert das entweder nicht oder sie akzeptiert es sogar. Das ist leider völlig unverantwortliche Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Es ist spät, aber ein Umkehren ist noch möglich.
Nutzen Sie diese Möglichkeit!
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