Menü
20.02.17 –
Rede im Bundestag
Der Bundestag diskutierte in erster Lesung die Gesetze mit denen eine Autobahngesellschaft gegründet werden soll. Für uns Grüne kommt es darauf an, dass damit die Organisation verbessert wird. Alle Hintertüren, die dazu dienen Tafelsilber zu verschleudern, müssen konsequent geschlossen werden.
<script id="tv7073444" type="text/javascript" src="https://webtv.bundestag.de/player/macros/bttv/hls/player.js?content=7073444&phi=default"></script>
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kahrs, das Spezialthema Autobahngesellschaft, das Sie angesprochen haben, würde ich gerne mit Ihnen noch einmal behandeln; denn im Straßenbau - da sind wir uns, glaube ich, alle einig - läuft einiges schief.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Arnold Vaatz (CDU/CSU)
Wir schaffen es einfach nicht, Straßen und Brücken vernünftig zu erhalten. Erst fehlt jahrelang das Geld, dann stecken wir Milliarden rein, und am Ende gelingt es nicht, dieses Geld auszugeben. Wir verhaken uns in den Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Der Bund stellt die goldene Kreditkarte bereit, die Länder sollen das Geld ausgeben. So eine Trennung in den Verantwortlichkeiten geht immer schief. Das heutige System der Auftragsverwaltung funktioniert nicht oder zumindest nicht so, wie das die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten. Da muss eine Reform her. Jetzt steht die Frage im Raum, ob die geplante Autobahngesellschaft die Probleme lösen kann. So eine Reform bringt nur etwas, wenn die Organisation damit tatsächlich effizienter wird und die Verantwortlichkeiten in einer Hand liegen. Ich glaube, Herr Kahrs, da liegen wir nicht weit auseinander. Wenn es andere Absichten gibt, bekommen wir früher oder später massive Probleme. Die Zeiten neoliberaler Privatisierungsorgien - da schaue ich einmal zum Finanzminister - müssen ein für alle Mal vorbei sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Wann waren die eigentlich?)
Öffentliches Eigentum darf schlicht und ergreifend nicht verschleudert werden.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))
Die Straßen gehören allen. Dafür muss die Politik dauerhaft sorgen. Deswegen muss der Gesetzgeber hier ganz klar sein: Keine Privatisierung zu keinem Zeitpunkt! Punkt, aus, vorbei!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Alles, was eine Hintertür öffnet, müssen wir ausschließen. Trickreiche Konstruktionen für öffentlich-private Partnerschaften brauchen wir einfach nicht mehr.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))
Auch irgendwelche Anlagemodelle für die Versicherungswirtschaft haben hier nichts verloren; denn im Straßenbau fehlt nicht in erster Linie Geld. Was uns aber fehlt, sind: erstens eine effiziente Organisation mit eindeutigen Verantwortlichkeiten
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und zweitens die Bereitschaft der Politik, das Anlagevermögen des Staates endlich einmal vernünftig zu bilanzieren. Das haben wir bis heute noch nicht getan. Werte Kolleginnen und Kollegen, da es um Geld geht, kann ich gleich zum nächsten Punkt kommen: zu der Kreditfähigkeit. Hier gibt es zwei Dinge, auf die wir achten müssen. Erstens. Wenn sich die Autobahngesellschaft verschulden kann, dann kann damit die Schuldenbremse umgangen werden. Das wollen wir eindeutig nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Johannes Kahrs (SPD): Der Minister auch nicht!)
Zweitens. Wenn die Gesellschaft Kredite ohne Staatsgarantie aufnimmt, dann wird es teurer, weil sie höhere Zinsen zahlt als der Staat. Auch daran haben wir kein Interesse.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe mit Interesse vernommen, was Herr Schäuble heute gesagt hat. Er war in der Vergangenheit trotz vieler Nachfragen von mir oder von Kollegen noch nie so eindeutig. Schauen wir einmal, ob er es auch durchhält. Werte Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe die Skepsis vieler gegenüber einer Autobahngesellschaft. Es wurde in der Vergangenheit viel Murks bei der Auslagerung von staatlichen Aufgaben gemacht. Ganz wichtig sind deswegen sinnvolle und wirksame demokratische Kontrolle und Transparenz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir brauchen keine Straßenbaumaschine, die wild drauflosbaut. Die Politik muss klare Ziele vorgeben und damit wirksam steuern. Wir müssen effektiv kontrollieren können, dass die Ziele umgesetzt werden und was mit Maut und Steuergeld gemacht werden. Wir kennen die Probleme bei ÖPPs und bei der Bahn. Daraus müssen wir lernen, und deswegen schließen wir Grüne eine Aktiengesellschaft ein für alle Mal aus.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Entwurf der Bundesregierung hinterlässt noch einige Fragezeichen. Wo es an Klarheit mangelt, müssen wir jetzt als Parlament ran. Das ist üblich. Der Bundesrat hat einige interessante Vorschläge gemacht.
Präsident Dr. Norbert Lammert: Die können Sie, Frau Kollegin, jetzt aber nicht mehr erläutern.
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sollten wir uns bei den Fachberatungen einmal genau ansehen.- Herr Präsident, damit bin ich auch schon am Ende.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Dr. Norbert Lammert: Wie schön, ich bedanke mich.
Kategorie