Haftungsregeln Binnenschifffahrt

Rede zu Protokoll Der Bundestag hat neue Haftungsregeln für die Binnenschifffahrt verabschiedet. Damit wurde das Straßburger Abkommen umgesetzt.

28.04.16 –

Rede zu Protokoll, 28.04.2016

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Heute geht es um die Änderungen der Haftungsbeschränkungen durch das Straßburger Abkommen für die Binnenschifffahrt. Deutschland wird dieses Abkommen nun ratifizieren und überträgt die notwendigen Maßnahmen in ein nationales Gesetz. Die Änderungen sehen in der Binnenschifffahrt eine Erhöhung der Haftungshöchstsummen allgemein sowie für Passagierschäden vor.

Die Beschränkung der Haftung dient dazu, dass Schuldner, also die Binnenschiffer, etwa im Falle eines Unfalls nicht in jeder Höhe für einen Schaden einzustehen haben, sondern nur bis zu einer im Gesetz geregelten
Höhe. Die Regelungen für Haftungshöchstsummen gelten für Schiffseigentümer, Berger und Retter. Viele Jahre sind die Haftungsbeschränkungen in der Binnenschifffahrt nicht geändert worden; daher ist die aktuelle Anpassung eine notwendige Maßnahme, die längst überfällig war. Im Transport- und Logistikbereich kennen wir so etwas etwa als Haftungsbeschränkung des Auftragnehmers. Dabei handelt es sich um Schäden im
Rahmen von Transport oder Lagerung. Diese Beschränkungen sind zum Beispiel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt.

Im Fall der Binnenschifffahrt gibt es aufgrund des oft grenzüberschreitenden Handels ein Übereinkommen, das sich auf jene Güter oder Verspätungsschäden bezieht und auch regelt, wann Haftungsbeschränkungen nicht zum Tragen kommen. Interessant wird das Gesetz bezogen auf Passagiere insbesondere dann, wenn sie auf einem Binnenschiff verspätet am Ziel ankommen oder auch ihr Gepäck dadurch nicht zum versprochenen Zeitpunkt das Ziel erreicht. Damit wird der Schutz der Reisenden auf Binnenschiffen deutlich gestärkt.

Der Stellenwert eines Haftungsfonds zur Deckung von Ansprüchen wird nun erhöht; das Vermögen der Schiffseigner, Berger oder Retter soll nicht mehr herangezogen werden. Mit der Änderung ist auch zu erwarten, dass die Binnenschiffe mit größerer Sorgfalt betrieben werden. Das ist sehr sinnvoll!

Mit höheren Summen für die Beschränkung der Haftung könnten Versicherungssummen zwar ansteigen, die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten solcher Fälle ist jedoch gering. Die Begründung der Bundesregierung
in der Gesetzesvorlage ist nachvollziehbar. Nur rund 1 Prozent aller Schäden im Verkehrsbereich betrifft
die Binnenschifffahrt. Durch die äußerst geringe Schadensquote im Bereich Binnenschifffahrt hat sie hier einen kleinen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Verkehrsträgern.

In einem anderen Bereich liegt die Binnenschifffahrt jedoch weit hinter den anderen Verkehrsträgern zurück: Die Zuverlässigkeit der Verkehrsinfrastruktur im Bereich Wasserstraße lässt stark zu wünschen übrig. Anders als bei anderen Verkehrsträgern gibt es im Fall von Bauarbeiten kaum Ersatzstrecken. Damit sind zuverlässige Verkehre aufgrund maroder Schleusen in vielen Wasserstraßenabschnitten nur noch begrenzt möglich. Trotz des hohen Investitionsstauswurden in den vergangenen Jahren immer wieder mehrere 100 Millionen Euro nicht verbaut, weil der Wasserstraßenverwaltung die Planer für neue Projekte fehlen. Das ist der reale Irrsinn!

Die Bundesregierung muss hier dringend für Wettbewerbsgleichheit sorgen und endlich sowohl den Investitionsstau der Wasserstraßen beseitigen als auch eine echte Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung voranbringen.

Wir werden dem Gesetz zustimmen, erwarten jedoch von der Bundesregierung, dass die Hürden, die in der
Wasserstraßeninfrastruktur bestehen, endlich beseitigt werden. Zögern sie da endlich nicht mehr!

Ein Abwracken der Binnenschifffahrt möchte ich nicht erleben, weil der Amtsschimmel gerettet wurde, statt auf die Dienstleistungsorientierung zu setzen. Bringen Sie in der großen Koalition auch endlich die Reform der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung voran!

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Rede | Schifffahrt