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07.08.12 –
Positionspapier
von Dr. Valerie Wilms
Seit mehr als fünfzehn Jahren soll die Wasser- und Schifffahrtverwaltung (WSV) reformiert werden. Die bisherige Struktur mit weitgehend selbstständigen Direktionen und Ämtern geht noch auf die Zeit ihrer Gründung vor über 140 Jahren zurück, als Wasserstraßen eine viel größere Bedeutung hatten und kaum miteinander verbunden waren. Das entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die jetzige Bundesregierung hat sich die Reform ins Programm geschrieben und nach drei Jahren endlich eine Priorisierung der Wasserstraßen und die Umstrukturierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Angriff genommen. Das kann nur ein erster Schritt sein. Um Wasserstraßen zukunftsfähig zu erhalten, müssen Aufgaben und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und nicht die Behörde – im Mittelpunkt stehen. Die Beschäftigten brauchen mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum.
Ein erster Reformschritt ist jetzt die Auflösung der sieben Direktionen und die Schaffung einer Generaldirektion. Die bisherige Zersplitterung hat dazu geführt, dass die Potentiale zu wenig genutzt werden. Die Behördenteile sind sehr unterschiedlich aufgestellt und ihre Effizienz kaum miteinander vergleichbar. Es gibt bisher keine Zieldefinitionen und Zielvereinbarungen. Mögliche Synergien gehen verloren. Ein Qualitäts- bzw. Projektmanagement ist nur in Ansätzen vorhanden und es haben sich unterschiedliche Standards und Systeme entwickelt, die eine Zusammenarbeit innerhalb der WSV und die optimale Nutzung für das Gesamtsystem Wasserstraße in Deutschland verhindern.
Ziel muss deswegen eine Organisationsstruktur sein, mit der Wasserstraßen bedarfsgerecht erhalten werden. Die Verwaltung muss den aktuellen Bedürfnissen angepasst und die Schifffahrt wettbewerbsfähig gehalten werden. Für den Wassertourismus müssen spezielle Lösungen für den gefunden werden. Eine neue Struktur kann nur zusammen mit der Belegschaft entstehen. Per Haushaltsbeschluss wird das Personal jetzt jährlich pauschal um 1,5 % reduziert. Ohne Personalkonzept verliert die heutige Behörde vor allem erfahrene und gut ausgebildete Mitarbeiter – bei gleichzeitig ansteigender Breite an Aufgaben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen deswegen eine Perspektive erkennen, wie sich die Institution entwickeln kann und welchen Platz sie dabei einnehmen – denn sie sind die Hauptbetroffenen und müssen gleichzeitig die Reform umsetzen. Die heutige Organisationsform entspricht nicht den zukünftigen Anforderungen. Deswegen müssen bestimmte Aufgaben zukünftig privatrechtlich organisiert werden. Kommunen in Deutschland zeigen schon heute, wie mit einem anderen Steuerungsmodell und einer an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientierten doppischen Haushaltsführung erfolgreich öffentliche Dienstleistungen organisiert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert werden können.
Eigenwirtschaftliche Organisation notwendig
Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Verantwortung zu geben, ist eine organisatorische Trennung zwischen hoheitlichen Aufgaben sowie Betrieb und Bau bzw. Erhaltung notwendig. Die hoheitsrechtlichen Zuständigkeiten wie Schifffahrts- und strompolizeiliche Aufgaben müssen weiterhin direkt durch den Bund zentral wahrgenommen werden. Bau- und Erhaltungsmaßnahmen und der Betrieb können dagegen von einem privatrechtlichen Betrieb in Form einer GmbH oder eines Eigenbetriebs in vollem Staatseigentum organisiert werden. In einem so organisiertem Wirtschaftsbetrieb erhalten die örtlich zuständigen Mitarbeiter Budgetverantwortung, mit der sie vereinbarte Ziele erfüllen. Mitarbeiter vor Ort wissen am besten, wie Mittel eingesetzt werden müssen, um den Verkehr bestmöglich und umweltverträglich auf der Wasserstraße oder an einer Schleuse in ihrer Zuständigkeit zu gewährleisten. In der neuen Rechtsform können mit den richtigen Lösungen auch verbeamtete Mitarbeiter ihre gute Arbeit weiter erledigen, wie die Beispiele, Post, Telekom und Bahn gezeigt haben. Da der eigenwirtschaftlich organisierte Teil der WSV nicht weiter verbeamtet, geht dort langfristig der Anteil verbeamteter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis auf Null zurück.
Zukunftsfähige Finanzierung
Investitionen in Wasserstraßen erfolgen heute nach dem kameralistischem Haushaltssystem des Bundes. Damit hat der Bund als Aufgabenträger wenig Klarheit, welche Werte er besitzt und welche Abschreibungen bzw. welchen Unterhaltungsaufwand er für den Werterhalt der bestehenden Anlagen mindestens tätigen muss. Das hat zur Folge, dass zu wenige Mittel in den Erhalt der Substanz investiert werden. Ein privatrechtlich bzw. eigenwirtschaftlich organisierter Betrieb könnte sein Budget nach der im kommunalen Bereich üblichen werteorientierten doppischen Haushaltsführung aufstellen, würde damit vorhandene Werte berücksichtigen und Abschreibungen und Rücklagen hierfür bilden. Damit würde dem Erhalt der vorhandenen Infrastruktur deutlich mehr Bedeutung eingeräumt. Hiermit würde für alle Wahrheit und Klarheit über die Kosten der Bundeswasserstraßen-Infrastruktur hergestellt. Die Verwendung der Mittel für Ausbau, Erhaltungsmaßnahmen, Abschreibungen und Personalaufwand würde transparent.
Ein privatrechtlich bzw. eigenwirtschaftlich organisierter Betrieb würde die Einnahmen der Schifffahrtsabgabe erhalten und das Recht bekommen eine strecken- und emissionsabhängige Nutzungsgebühr für die Wasserstraßen in Form einer Wasser-straßenmaut zu erheben. Damit könnte ein Anteil der Unterhaltungskosten und Abschreibungen erwirtschaftet werden, um Wasserstraßen bedarfsgerecht auszubauen.
Politische Steuerung
Um die politische Steuerung des Bundesbetriebes sicher zu stellen, sollte ein Zielvereinbarungsmodell entwickelt werden. Mit einer Vereinbarung zwischen Bund und Wasserstraßenbetrieb würden Aufgaben und Ziele festgelegt. Außerdem könnten in der Vereinbarung die ergänzenden Mittel aus dem Bundeshaushalt für die öffentlichen Aufgaben an und auf Wasserstraßen längerfristig festgelegt werden. Für die konkrete Umsetzung der Ziele wäre nur noch der Betrieb zuständig, welcher jährlich an den Aufsichtsrat berichtet. Der Aufsichtsrat müsste sich aus Mitgliedern aller Fraktionen im Bundestag als Eigentümervertreter und den Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen setzen. Der Aufsichtsratsvorsitz wäre vom Verkehrsministerium wahrzunehmen.
Rechtliche Fragen
Eine privatrechtliche Organisation im Eigentum des Bundes wäre gemäß Art. 89 GG Abs. 2 Satz 1 möglich (Wissenschaftlicher Dienstes des Deutschen Bundestags (2012): Alternative Betriebsformen der Bundeswasserstraßenverwaltung). Der Bund müsste alleiniger Anteilseigner des neuen privatrechtlichen Betriebs sein. Die Umsetzung des Modells muss unter Mitwirkung der Bundesländer gemäß Art. 89 GG Abs. 3 erfolgen. Es muss noch geprüft werden, inwiefern hierfür eine Ergänzung des rechtlichen Rahmens auf Bundesebene durch eine Neufassung von einzelnen gesetzlichen Grundlagen wie z. B. des Seeaufgabengesetzes oder des Wasserstraßengesetzes notwendig wären. Dabei wäre auch zu prüfen, inwieweit die derzeit sehr zersplitterten gesetzlichen Grundlagen in einem Wasserstraßengesetzbuch zusammengefasst werden können.
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