Rede auf dem Landesparteitag in Harrislee am 23.09.2018

Der Landesparteitag der Grünen in Schleswig-Holstein fand am Sonntag 23.09.2018 direkt an der deutsch-dänischen Grenze im Hotel des Nordens in Harrislee statt. Auf dem Programm stand die Europapolitik.  Aber auch die Aufgeregtheiten in der deutschen Politik um die Ereignisse in Chemnitz und im Hambacher Forst waren Bestandteil der politischen Rede des Landesvorstandes. Dort fehlte aber völlig eine Reflexion über die Sackgasse, in der die Politik in Deutschland durch diese Aufgeregtheiten gekommen ist: es gibt keine Bereitschaft mehr, zuzuhören und miteinander zu reden, um Kompromisse zu finden.  Dabei ist Politik doch geradezu die Kunst des Möglichen. Politik kann also nur funktionieren, wenn Kompromissfähigkeit auf Seiten der gewählten und für die Bürger handelnden Politiker vorhanden ist.  Diese Verpflichtung der Politik gegenüber dem Wahlvolk habe ich in meiner Rede in der Aussprache zur politische Rede des Landesvorstandes eindrücklich eingefordert. Hier finden Sie meine Rede als Text.

25.09.18 –

Liebe Freundinnen und Freunde,

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten, sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen, es bleibet dabei: die Gedanken sind frei.“

Hoffmann von Fallersleben, der Schöpfer der deutschen Nationalhymne, hat dieses Volkslied 1842 aufgezeichnet. In Zeiten politischer Gefährdung wurde dieses Lied immer wieder angestimmt.

Was passiert zur Zeit in der Politik: „Wir sind gefangen in einer toxischen Erregungsschleife“, so stand es in der Welt. Nils Minkmar hat das in einem Spiegel-Kommentar zusammengefasst zu „Ein Land steht still“. Diese Paralyse hat sich langsam in die politischen Prozesse eingeschlichen. Es wird schwer werden, wieder einen Weg heraus und nach vorne zu finden

Die politische Diskussion hat sich scheinbar aufgeteilt in nur noch zwei Lager: die weltfremden Gutmenschen und die Rechten. Diese massive Verkürzung führt die politische Debattenkultur in Deutschland und leider auch in Europa immer mehr in die Irre. Die Gesellschaft erregt sich immer mehr, eine Lösung wird aber nicht gefunden.

Liebe Freundinnen und Freunde,

wie ihr wisst, mache ich mittlerweile nur noch in meiner Freizeit Politik und habe im Alltag wieder den Kontakt in das normale Berufsleben. Was ich dort höre ist erschreckend. Lasst es mich in einem kurzen Satz sagen: den Menschen graust es vor dem Verhalten der Politiker.

Die Bereitschaft, im Plenarsaal echte Lösungsansätze zu diskutieren, die auch eine Chance auf Verwirklichung hätten, wird nicht mehr gesehen. Denn dazu müsste Kompromissfähigkeit vorhanden sein. Vor allem müsste ausgelotet werden, wo bei den anderen die Schmerzgrenzen sind. Das kostet richtig Mühe. Ich weiß wovon ich da rede.

Robert hat diese Mühe immer wieder auf sich genommen: bei der Westküstenleitung oder bei den Jamaika-Verhandlungen in Berlin. Das lohnt sich wirklich. Die Menschen erwarten von den handelnden Politikern gemeinsam getragene Lösungen, keinen aufgeregten Wahlkampfklamauk.

Geboten bekommen sie aber immer wieder nur hysterische politische Aufgeregtheiten. Dabei schalten sie ab. Sie gehen für die Politik verloren und kümmern sich lieber um Familie, Hobbys oder Reisen.

Mein Appell an euch alle: kommt bitte raus aus dieser Endlosschleife! Macht Debatten wieder zu einem echten Austausch von Argumenten. Akzeptiert abweichende Positionen von Andersdenkenden. Hinterfragt sie gerne und debattiert sie. Aber diskriminiert sie nicht von vornherein als rechts oder links, als gut oder böse.

So könnten wir wieder in einen ernsthaften lösungsorientierten Diskurs miteinander kommen. Das erwarten die Menschen in diesem Land von den handelnden Politikern, von den Parteien. Denn die Gedanken sind und bleiben in einer Demokratie frei, hier in Deutschland und im vereinten Europa.

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Nachhaltigkeit | Rede | Wahlkreis