Rede im Plenum: Über den Tellerrand hinaus schauen!

Rede im Bundestag am 8. Juli 2010 Nachdem vor erst einer Woche der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung in dieser Legislatur zum ersten Mal im Plenum war, folgt nun die zweite Debatte und zwar zum Tätigkeitsbericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung der 16. Legislaturperiode. Lesen Sie hier Valerie Wilms' Rede vom 8. Juli 2010:

08.07.10 –

Rede im Bundestag am 8. Juli 2010

Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung:
Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung (Berichtszeitraum 6. April 2006 bis 25. März 2009) am 8. Juli 2010 (55. Sitzung – top 14)

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Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon eine ganze Menge zum Thema „nachhaltige Entwicklung" gesagt worden. Sicherlich trifft das zu, Herr Weinberg, was Sie als derjenige, der auch Erfahrung aus der letzten Wahlperiode hat - diese Erfahrung habe ich leider nicht unmittelbar -, gesagt haben:

Da sind sauber dicke Bretter gebohrt worden. Ich bin aber jetzt in die Erstellung des Tätigkeitsberichts eingestiegen und mit Ihnen dabei. Was ich zumindest feststellen kann, ist: Gegenüber dem, was mir aus den letzten Wahlperioden berichtet wurde, haben wir deutlich an Fahrt aufgenommen. Wir sind schnell in Gang gekommen. Wir haben nach der Einsetzung nur ein Vierteljahr gebraucht. Insofern möchte ich das, was Sie zuerst gesagt haben, unterstützen. Wir müssen zukünftig deutlich anders aufgestellt werden und dürfen nicht nur über einzelne Initiativen in Gang kommen. Wir müssen tatsächlich wie ein Ausschuss behandelt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Schauen wir mal, ob wir das in dieser Wahlperiode hinbekommen! Wenn uns das gelingt, hätten wir ein weiteres dickes Brett sauber gebohrt. Vor einer Woche haben wir hier schon über das Thema „Peer Review" diskutiert, also darüber, wie die externen Fachleute aus dem Ausland auf uns schauen. Jetzt schauen wir einmal, was in den letzten vier Jahren gemacht worden ist. Dazu ist in der letzten Wahlperiode eine umfassende Stellungnahme eingebracht worden.

Wir können Folgendes feststellen: Die Bundesregierung hat die Anregungen, die vom damaligen Parlamentarischen Beirat gegeben wurden, durchaus aufgenommen. Denn - das ist auch für uns Grüne entscheidend - beim Thema Nachhaltigkeit müssen wir alle an einem Strang ziehen. Sonst erreichen wir wenig oder gar nichts.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir uns interfraktionell aufstellen. Nur so schaffen wir es, unabhängig von Wahlperioden und wechselnden Mehrheiten Erfolge zu erzielen. Volker Hauff, der ehemalige Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung, hat es plastisch dargestellt:

Würden wir die Zeit bis zum Erreichen des Ziels der nachhaltigen Entwicklung in 24 Stunden einteilen, dann wäre gerade einmal eine halbe Stunde vergangen. Wir benötigen noch 23,5 Stunden. Das ist eine ganze Menge Zeit. Wir müssen wirklich intensiv weiterarbeiten.

Eine sehr große Leistung, die der Beirat in der letzten Wahlperiode vollbracht hat, ist das Etablieren einer Nachhaltigkeitsprüfung in der Gesetzesfolgenabschätzung. Kollege Miersch hat schon darauf hingewiesen, welche Probleme es dabei gibt. Wir sind in dieses Thema eingestiegen. Schauen wir einmal, ob sich die Regierung bewegt und ob sie die entsprechenden Dokumente immer liefert. Denn jedes Ministerium ist verpflichtet, die Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf zukünftige Generationen zu überprüfen.

Schauen wir uns einmal das Beispiel Staatshaushalt an. Wir nehmen Kredite auf ohne Ende, in jeder Wahlperiode wieder neu. Unabhängig davon, wer an der Regierung ist, werden neue Kredite aufgenommen. Wir alle - nicht nur wir, die wir hier sitzen - müssen die Kosten für Tilgung und Zinsen zahlen. Gerade unsere Kinder und Kindeskinder und noch mehrere darauffolgende Generationen müssen dafür aufkommen. Wir müssen also einen Weg aus der Verschuldung finden. Sonst bleibt nichts mehr übrig für sinnvolle und wichtige Investitionen. Sparen bedeutet, durch vernünftiges Handeln den finanziellen Gestaltungsspielraum, den wir haben, zu erhalten.

Wir Grüne haben dafür eine lange Liste von Vorschlägen erarbeitet, die durchaus zügig umgesetzt werden können. Einen entscheidenden Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang ansprechen. Es geht um das Thema externe Kosten. Wir müssen uns damit sehr viel intensiver beschäftigen. Denn bisher herrscht die Meinung vor, dass etwas, das nichts kostet, es nicht wert ist, berücksichtigt zu werden. Was gibt es umsonst? Luft und Umwelt, denn Schäden bezahlt der Steuerzahler. Das geht so nicht weiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Wir brauchen dringend eine Lösung für dieses Problem und müssen es schaffen, die Kosten von Umweltauswirkungen mit einzuberechnen. Herr Miersch, es ist daher sicherlich sinnvoll, sich mit dem Thema Wachstum zu beschäftigen und sich zu fragen, ob Kennzahlen wie das Bruttoinlandsprodukt das richtige Maß sind.

Für mich ist entscheidend, dass wir als Parlamentarier in diesem Hohen Hause dafür gewählt worden sind, Leitplanken zu setzen. Diese Aufgabe sollten wir endlich angehen. Lassen Sie uns in Sachen Nachhaltigkeit weiterhin an einem Strang ziehen! Die Menschen in unserem Lande erwarten, dass wir auch einmal über den Tellerrand des täglichen Hickhacks hinausschauen. Diese Art von Auseinandersetzung führen wir in den Ausschüssen viel zu oft. Sorgen wir also dafür, dass wir weiterhin in diesem Parlamentarischen Beirat so erfolgreich arbeiten und ihn auch noch institutionalisiert bekommen.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Tätigkeitsbericht des Parlamentischen Beirats für nachhaltige Entwicklung der 16. Wahlperiode

Kategorie

Nachhaltigkeit | Rede