Die Mahnerin - wir brauchen mehr als Sonntagsreden

Gastbeitrag für dvz - deutsche Verkehrszeitung Nachhaltigkeit ist schwer in Mode gekommen. Auch in der Logistik spielt Nachhaltigkeit eine deutlich stärkere Rolle als noch vor 20 Jahren. So wird versucht, auf emissionsärmere Transporte zu achten - doch verpflichtend ist das alles nicht. Auch einheitliche Regelungen oder finanzielle Anreize für nachhaltiges Handeln fehlen weitgehend. So bleibt es schnell beim einfachen green-washing – es soll öko aussehen, muss es aber nicht unbedingt sein.

09.06.16 –

Gastbeitrag für dvz - deutsche Verkehrszeitung

Wir brauchen mehr als Sonntagsreden

Nachhaltigkeit ist schwer in Mode gekommen. Auch in der Logistik spielt Nachhaltigkeit eine deutlich stärkere Rolle als noch vor 20 Jahren. So wird versucht, auf emissionsärmere Transporte zu achten - doch verpflichtend ist das alles nicht. Auch einheitliche Regelungen oder finanzielle Anreize für nachhaltiges Handeln fehlen weitgehend. So bleibt es schnell beim einfachen green-washing – es soll öko aussehen, muss es aber nicht unbedingt sein.

Die Verabschiedung der UN-Nachhaltigkeitsziele (sustainable development goals, SDG) und der Klimavertrag von Paris sind entscheidende Meilensteine. Auch wenn für nachhaltigen Verkehr kein eigenes Ziel festgelegt wurde, spielt er doch eine wichtige Rolle, etwa bei den Zielen „Innovation und Infrastruktur“, „nachhaltige Städte und Gemeinden“, „verantwortungsvoller Konsum“ und „Maßnahmen zum Klimaschutz“. Und auch bei der dringend nötigen Senkung von Verkehrsemissionen kann der Güterverkehr nicht außen vor bleiben – wenn das in Paris vereinbarte Klimaziel erreicht werden soll.

Nachhaltigkeit als Leitbild

Güterverkehr wird von vielen vor allem als Ärgernis wahrgenommen, wenn Güterzüge zu laut oder zu viele LKW auf der Autobahn sind. Hauptsache alles ist zum gewünschten Zeitpunkt in bester Qualität am richtigen Ort. Der globalisierte Warenaustausch ist Normalität: Heute im Netz bestellt, wird schon am nächsten Tag angeliefert. In der Summe bedeutet das: Dieser immer stärker individualisierte Warenverkehr beschert zwar der Logistik einen hohen Umsatz, bürdet ihr aber auch gleichzeitig eine gewaltige Verantwortung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit auf. Wichtig sind deswegen zielgerichtetes Handeln und starke nationale Ziele für Nachhaltigkeit in der Logistik. Die UN-Nachhaltigkeitsziele klingen zunächst einmal gut. Jetzt kommt es in Deutschland aber darauf an, wie ambitioniert sie umgesetzt werden. Die Voraussetzungen sind da. Bereits seit 2002 gibt es eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie, die momentan überarbeitet und an die globalen Nachhaltigkeitsziele angepasst wird.

Konkurrenz der Verkehrswege

Dass im Logistikbereich noch viel passieren muss, zeigt ein Blick auf die Kennzahlen mit Logistikbezug. Sie senden deutliche Warnsignale: Der Anteil des Schienenverkehrs stagniert und die Binnenschifffahrt entwickelt sich sogar rückläufig. Es muss nüchtern festgestellt werden: Die Straße ist gegenüber Wasser und Schiene weiter auf dem Vormarsch. Der LKW ist heute eine flexible, schnelle, kostengünstige Transportlösung – aber gleichzeitig auch einer der klimaschädlichsten Verkehrsträger. Die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die elektrifizierte Schiene und Wasserstraße ist somit ein wichtiger Baustein zur Begrenzung des Klimawandels. Die Kernfrage grüner Logistik lautet: Wie können wachsende Transportbedürfnisse so organisiert werden, dass sie trotzdem umweltverträglich und bezahlbar bleiben?

Es erscheint unrealistisch, die Kapazitäten von Schiene und Wasserstraße an die des Straßennetzes anzupassen. Es ist viel mehr entscheidend, alle Verkehrsträger gemeinsam zu betrachten, die gravierendsten Schwächen im Gesamtverbund zu identifizieren und die Kombination von Schiene, Schiff und Straße zu erleichtern.

Kombinierten Verkehr voranbringen

Ein wesentlicher Ansatzpunkt, um den Güterverkehr nachhaltiger zu gestalten, ist der Kombinierte Verkehr (KV). Die Verkehrsträger müssen mit innovativen Umschlaganlagen besser verknüpft werden. Aber obwohl der KV zu den größten Subventionsempfängern gehört, ist sein Anteil am Gesamtverkehr weiter viel zu gering. Das Bundesverkehrsministerium hat hier entscheidend versagt: Über Jahre gelang es nicht, vorgesehene Mittel auszugeben und Förderbedingungen zu reformieren. Nachdem der Finanzminister die KV-Förderung schließlich unter die Lupe nahm, soll sich jetzt endlich etwas ändern. Wir dürfen gespannt sein. Ziel der Förderung muss ein Netz aus KV-Terminals sein, in dem Transporte nach festen und verlässlichen Fahrplänen miteinander verbunden sind. In diesem System müssen die Container als Wechselbehälter sowohl auf dem LKW als auch auf dem Schiff und Zug aufgesetzt werden können. Damit sollen individuelle Transportwünsche bedient werden ohne Waggons rangieren oder ganze Züge buchen zu müssen. Voraussetzung hierfür ist, die Güterverkehrszentren für den KV nutzbar zu machen und einen festen Fahrplan zwischen den Zentren zu etablieren, an dem sich Kunden in individuelle Transportleistungen einbuchen können.

Jetzt konsequent Handeln

Dringend notwendig ist eine Prüfung aller im Bundesverkehrswegeplan enthaltenen Projekte auf ihre Wirkung im Gesamtnetz und unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsaspekte. Auch im aktuellen Bundesverkehrswegeplan fehlt eine konsequente Ausrichtung an Nachhaltigkeitsaspekten. Unter dem Aspekt von Nachhaltigkeit als Leitprinzip der Bundesregierung ist das mehr als verwunderlich.

In der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung müssen Verkehr und die Logistik einen wichtigen Bestandteil ausmachen. Zu hoch ist weiterhin der Anteil am CO2-Ausstoß. Die Bundesregierung will die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95% reduzieren. „Hierzu muss der Sektor Verkehr seinen Beitrag leisten“, schreibt sie auf eine Anfrage (KA 18/7463, S.9). Die Feststellung ist richtig, umfassende Antworten darauf, wie dies auch in die Tat umzusetzen wäre und wo politische Steuerungselemente vonnöten sind, fehlen leider. Angesichts der Größe der zu bewältigenden Aufgabe sind Maßnahmen wie die Förderung der Anschaffung emissionsarmer schwerer Nutzfahrzeuge mit 15 Millionen Euro jährlich eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Bisher begrüßt die Bundesregierung lediglich den freiwilligen Nachweis von CO2-Emissionen bei Logistikdienstleistungen. Verbindliches dagegen aber fehlt weiterhin. Mit Sonntagsreden allein wird sich die Welt jedoch nicht verändern.

Kategorie

Beiträge | Nachhaltigkeit | Verkehr