Nachhaltigkeitsstrategie: Wohin wollen wir uns entwickeln?

Der Nachhaltigkeitsstrategie fehlt die Vision, so die Experten, die im November 2009 die Nachhaltigkeitsstrategie unter die Lupe genommen haben. Es mangele an langfristigen Zielen mit konkreten Vorstellung darüber, wohin wir uns entwickeln wollten. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat diese Kritik aufgenommen und sich an der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligt.

24.11.10 –

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBNE) hat sich mit einer umfangreichen Stellungnahme an der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie beteiligt. Die erste Konsultationsphase hatte die Bundesregierung am 27.09.2010 eröffnet, am 14.11.2010 war sie beendet. Ein knapper Zeitraum. Schließlich musste das Papier interfraktionell und mit zahlreichen Arbeitsgruppen – quer durch fast alle Themenbereiche – abgestimmt werden.

Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde 2002 von der rot-grünen Bundesregierung vorgelegt. Sie wurde anfangs alle zwei, wegen des großen Aufwands seit 2004 alle vier Jahre fortgeschrieben, zuletzt 2008; derzeit handelt es sich um die Fortschreibung 2012. Zum einen werden die Indikatoren aktualisiert, zum anderen Erwartungen formuliert.

Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung

Anhand von insgesamt 21 Indikatoren wird gemessen, ob Deutschland sich nachhaltig entwickelt. Großer Nachholbedarf besteht insbesondere bei folgenden Indikatoren:

Energie- und Ressourcenproduktivität: Das Problem der Reboundeffekte ist ungelöst: die eingesparte Energie wird verwendet, um zusätzliche Geräte zu betreiben. Rohstoffproduktivität: Weil wir zunehmend Fertigteile statt Rohstoffe importieren, haben wir auf die Bedingungen, wie sie gewonnen und verarbeitet werden, wenig Einfluss. Angesichts steigenden weltweiten Konsums bei endlichen Rohstoffvorkommen besteht großer Handlungsbedarf.

Flächenverbrauch: 104 Hektar Fläche werden in Deutschland jeden Tag neu besiedelt oder für Verkehrsflächen verbraucht. Vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung abnimmt und ab 2050 kaum noch neuer Wohnraum benötigt wird, investieren wir heute also in die Ruinen der Zukunft! Gleichzeitig zerschneiden wir mit neuen Straßen notwendige Räume zur Entwicklung der Artenvielfalt.

Erhalt der Artenvielfalt: Ziel ist es, bis 2015 eine Vielfalt zu erreichen wie sie im Jahr 1975 bestand. In Wirklichkeit hat die Artenvielfalt weiter abgenommen, mit absehbaren Folgen. Beispiel Bienensterben: Ohne Bienen kein Obst.

Mobilität: Beim Personenverkehr ist viel zu leisten, was die Bündelung von Personenkilometern (Busse, Bahn) betrifft, aber auch den Verkehr insgesamt umweltfreundlicher macht. Eine noch größere Herausforderung besteht beim Güterverkehr. Laut Prognose des BMVBS steigt der Güterverkehr von 2004 bis 2025 in Deutschland um rund 70 %. Das ist schier unvorstellbar.

Erwartungen an den Fortschrittsbericht 2012

Die Fraktionen im PBNE einigten sich u.a. auf die Themenbereiche: Nachhaltiges Wirtschaften und globale Armutsbekämpfung, die auch bei der Rio-Folgekonferenz 2012 auf der Agenda stehen. Zudem halten sie die Konsolidierung der Staatsfinanzen für eine prioritäre Aufgabe sowie ein verstärktes Einbeziehen der Bundesländer beim Erreichen der Nachhaltigkeitsziele. Darüber hinaus sollte die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker genutzt werden, damit die Menschen für die Bewältigung der großen Herausforderungen sensibilisiert werden und die entsprechenden Fähigkeiten erwerben können.

Wohin wollen wir uns entwickeln?

Nach zehn Jahren Nachhaltigkeitsstrategie hält der PBNE es für geboten, die Indikatoren zu überarbeiten und vor allem den Zeithorizont der Nachhaltigkeitsstrategie zu erweitern. Wir benötigen einen Bewusstseinswandel. Dieser kann gelingen, wenn wir den Menschen sagen, wie wir uns die Welt von morgen vorstellen. Es geht darum, wie wir bei steigender Weltbevölkerung und zunehmender Konkurrenz um knappe Ressourcen unsere Lebensqualität erhalten und auf die benachteiligten Gruppen erweitern können.

Link: Stellungnahme des Beirats

Link: Indikatorenbericht 2010

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