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13.04.12 –
Abgeordnetenwort für die Uetersener Nachrichten
Die Piratenpartei ist gerade sehr erfolgreich und stellt dabei die mangelnde Transparenz anderer Parteien in den Mittelpunkt. Der Kernvorwurf an Politikerinnen wie mich lautet dabei: Was ihr da in Berlin in den Ausschüssen (oder etwas polemischer: in den Hinterzimmern) macht, ist nicht nachvollziehbar und völlig intransparent. Erst wenn wir das alles sehen, wissen und hören, können wir wieder Vertrauen in euch haben.
Für mich steht nicht erst nach drei Jahren in der Bundespolitik außer Frage, dass Vieles in der Politik schwer zu durchschauen ist. Für meine Arbeit muss ich mich durch eine Menge Material arbeiten. Ich ärgere mich immer wieder, wenn dabei bestimmte Informationen nicht verfügbar sind und ich sie auch auf Nachfrage nicht bekomme. So muss ich beispielsweise als Verkehrspolitikerin über Milliarden für die Deutsche Bahn entscheiden ohne einen wirklichen Einblick in die Geschäftspolitik der Aktiengesellschaft zu bekommen. Der Streit um Stuttgart 21 ging letztendlich genau darum.
Keine Frage: An vielen Stellen brauchen wir mehr Transparenz. Es ist jedoch falsch, dass mehr Transparenz auch automatisch bessere Entscheidungen zur Folge hat. Transparenz bedeutet schließlich eine zusätzliche Masse an Informationen, die verarbeitet und berücksichtigt werden müssen. Je mehr man davon hat, desto schwieriger oder gar unmöglich wird es Entscheidungen zu fällen. Selten gibt es eindeutig gute oder eindeutig schlechte Argumente, sondern einen großen und unübersichtlichen Graubereich mit vielen Vor- und Nachteilen. Es ist dann der Job der Politik, eine Entscheidung zu fällen, dafür gerade zu stehen und zu argumentieren, warum man das eine stärker gewichtet als das andere. Die Piraten machen es sich hier einfach, indem sie entweder keine Meinung haben oder sich auf die Entscheidung aller zurückziehen. Solange man keine Verantwortung tragen muss, funktioniert das – aber es stößt an Grenzen, wenn Einzelne Verantwortung tragen müssen. Politik wird aber immer auch von Einzelnen getragen.
Das ist die Krux der Piraten. Es kommt nicht darauf an, wer was wann wie und wo in einer Fraktion besprochen hat, sondern wie nachvollziehbar und vertrauenswürdig die Begründung für eine politische Entscheidung ist. Selbst totale Transparenz entlässt niemanden aus der Verantwortung. Wer andere Erwartungen weckt, macht nicht nur seinen Wählerinnen und Wählern, sondern vor allem sich selbst etwas vor.
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