Rückblick und Ausblick

Interview zum ersten Jahr parlamentarischer Arbeit mit der Pinneberger Zeitung

18.01.11 –

Interview zum ersten Jahr parlamentarischer Arbeit mit der Pinneberger Zeitung

Frage: Das erste Jahr ihrer Bundestagszugehörigkeit ist beendet. Wie ist Ihr Eindruck?

Es ist für mich schon erstaunlich gewesen, wie wenig bei den Debatten im Plenum und im Ausschuss auf die Argumente der anderen eingegangen wird. Im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung wird dagegen ein deutlich offener Arbeitsstil gepflegt. Denn der Beirat kann nur Erfolg haben, wenn alle Fraktionen hinter den Vorschlägen stehen.

Welche Arbeiten und Aufgaben haben Sie "abhaken" können - wie sieht Ihre Leistungsbilanz aus?

Der Schwerpunkt im Jahr 2010 lag auf dem Thema "Öl im Meer". Gerade nach der Explosion des Ölbohrplattform im Golf von Mexiko war die Aufklärung wichtig, ob sich so etwas auch in der Nordsee ereignen kann und wie die Küstenbewohner und Betriebe geschützt und entschädigt werden. Dabei zeigte sich, dass die Haftungsfragen im internationalen Recht bislang überhaupt nicht gelöst sind. Hierzu hat auch die Bundesregierung nach entsprechenden Anfragen von mir den Handlungsbedarf erkannt.

Was haben Sie insbesondere für den Kreis Pinneberg erreichen können?

Ein sehr dickes Brett konnte erfolgreich durchbohrt werden, indem die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung nach entsprechenden Interventionen beim Ministerium in Berlin den Verkauf eines Hafenteils auf Helgoland zustimmte. So kann die Gemeinde Helgoland sich weiterentwickeln durch Ansiedlung von Wartungsfirmen für die Offshore-Windparks.

Mit welchen Angelegenheiten sind Sie gerade beschäftigt und wie sehen die Pläne fürs kommende Jahr aus?

Aktuell ist gerade das Thema Hafenfinanzierung und damit verbunden auch die Elbvertiefung. Die Länder Hamburg und Bremen bekommen Probleme, ihre Häfen aus den eigenen Haushalten zu finanzieren. Es kann aber nicht sein, dass dann einfach der Bund finanziell einspringt und das Nebeneinander der beiden Universalhäfen Bremen und Hamburg weiter bestehen bleibt. Im Jahr 2012 kommt dann auch noch Wilhelmshaven als gemeinsam vereinbarter zentraler Tiefwasserhafen für Deutschland hinzu. Darum ist ein Umdenken hin zu einer Kooperation in der Hafenwirtschaft erforderlich. Ziel muss eine gemeinsame nationale Hafengesellschaft sein und nicht ein Konkurrenzdenken. Dann können die Hafenaufgaben auch sinnvoll verteilt werden und die gerade geplante Elbvertiefung unterbleiben. Denn damit würde die Elbe endgültig zu einem Schifffahrtskanal degradiert.

Sie sind marinepolitische Sprecherin Ihrer Fraktion. Welche Entwicklungen ergeben sich auf diesem Gebiet?

Das Thema Wasserstraßen und die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes wird den Bundestag aufgrund der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel intensiv beschäftigen. In einer umfangreichen Studie habe ich nachgewiesen, dass der Bedarf an Binnenwasserstraßen erheblich überbewertet wird. Mit Millionenaufwand werden Flüsse ausgebaut und Kanäle gebaut, ohne dass sich das Transportvolumen merklich verändert. Hier ist ein Umdenken erforderlich hin zu einem ganzheitlichen Logistikkonzept, dass auch noch in künftigen Zeiten ohne Öl Bestand haben kann.

Erst wenn der Bedarf an dauerhaft notwendigen Schifffahrtswegen geklärt ist, kann auch die Struktur der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung an die notwendigen Aufgaben angepasst werden. Die modernen Arbeitsmethoden aus der Wirtschaft wie Standardisierung und Controlling müssen dabei mit berücksichtigt werden. Ich habe die Wasserbauer bei meinen Besuchen vor Ort als engagierte Menschen kennengelernt, die auch diese Aufgabe erfolgreich meistern können.

Könnte es im Rahmen dieser Änderungen und Sparanstrengungen auch dazu kommen, dass Wassersportler stärker an der Finanzierung Wasserstraßen beteiligt werden?

Wie könnte das vor sich gehen?

In wieweit es zu Kostenbeteiligungen über die bisher schon erhobenen Schleusengebühren hinaus kommen wird, ist nicht absehbar. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung wäre es aber sinnvoll, allen Verkehrssystemen die von ihnen jeweils verursachten externen Kosten anzulasten. Von der notwendigen Klarheit und Wahrheit auch auf der Kostenseite im Verkehr ist die Politik aber noch weit entfernt.

Inwieweit können auch die Küstenländer auf dem Gebiet der Marinepolitik stärker zusammenarbeiten, um Kosten zu senken?

Hier ist dringend Zusammenarbeit erforderlich. Gerade im Hafenbereich für den Containertransport konkurrieren die deutschen Häfen mit Rotterdam und Antwerpen. Da hilft kleinliche föderale Konkurrenz nicht weiter, gerade für den derzeit größten deutschen Hafen in Hamburg mit seinem nicht wegzudiskutierenden Nachteil eines Seehafens im Binnenland in 120 km Entfernung von der Küste.

Wie ist Ihre Meinung zur festen Elbquerung im Rahmen des Baus der A 20? (Trasse, Tunnellänge, evtl. Mautfinanzierung)

Die A 20 ist in keiner Weise erforderlich für eine langfristig stabile Weiterentwicklung der Wirtschaft im Unterelberaum. Wer soll denn einen Tunnel finanzieren, für den es nach den Verkehrsprognosen kaum Nutzer gibt? Wir müssen vielmehr auch in der Logistik das Umdenken beginnen hin auf das langfristige Ziel eines CO2-freien Transportsystems. Dafür brauchen wir Bahnanbindungen, die aber für den Unterelberaum gerade der unnötigen Fehmarnbeltquerung geopfert werden.

 

Interview: Jörg Frenzel

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