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20.08.12 –
Wir sind derzeit Zeuge, wie Erde und Klima an ihre Grenzen gelangen. Wir sägen am Ast, auf dem wir sitzen. Wozu also müssen wir in Deutschland weiter wachsen? Wegen der Arbeitsplätze? Zum Erhalt der sozialen Sicherungssysteme? Wollen wir unseren Wohlstand weiter mehren?
Dabei führt in hoch entwickelten Ländern weiteres Wachstum kaum noch zu mehr Wohlstand. Das hat auch damit zu tun, dass Wachstum lange Zeit auf Kosten der Umwelt erfolgt ist und immer noch erfolgt. Wir überfischen die Meere, wir beuten die Erde aus, um mehr Nahrung zu produzieren, Energie zu gewinnen und Güter zu produzieren.
Wohin ein Weiter so führt, ist uns allen klar. Nicht klar ist, dass wir als hoch industrialisiertes Land auf sehr großem Fuß leben und deshalb verantwortlich für eine Kehrtwende sind. Erst mal unabhängig davon, was in den BRICS-Staaten passiert.
Die zentrale Frage lautet also nicht, ob und wie wir weiter wachsen, sondern welchen Wohlstand wir wollen? Wollen wir weiter auf Kosten der Umwelt wachsen. Sicher nicht. Wie also gestalten wir eine Green Economy? Wie erhalten und schaffen wir Arbeitsplätze?
Wir müssen also weg von der Wachstumsfrage und die Frage nach Sicherung von Wohlstand und Lebensqualität stellen.
Im Gegensatz zu den etablierten Parteien stehen wir Grüne zu echter Chancengleichheit. Dazu zählt, dass wir uns darauf einstellen, dass viele Regionen der Erde wirtschaftlich aufholen werden. Das wird die Preise rundum nach oben treiben, bei Nahrungsmitteln, Energie und Rohstoffen; es werden aber auch die Löhne in den Schwellenländern steigen. Die Konkurrenz um knappe Güter wird zunehmen, während gleichzeitig die Kosten der Umweltzerstörung in die Höhe gehen.
Um Wohlstand und Lebensqualität bei steigenden Preisen zu halten, werden wir erfinderisch sein müssen. Wirtschaften heißt nichts anderes als mit knappen Gütern zu haushalten. Oder wir machen eine Kehrtwende zur archaischen Gesellschaft, die vom Sammeln und Jagen lebt. Das ist keine Alternative.
Es gibt vor allem zwei große Stellschrauben. Besonders viel Aufholbedarf gibt es bei der Bildung. Noch immer lassen wir es zu, dass Kleinkinder nicht sozialisiert sind. An Schulen und Hochschulen findet Bildung für nachhaltige Entwicklung nur in Leuchtturmprojekten statt.
Wir müssen die Menschen sensibel und kompetent zu machen, von Kindesbeinen an.
Die nächste Stellschraube ist die Steuer- und Subventionspolitik; immer noch unterminiert sie die Nachhaltigkeitsziele. Umwelt- und Klimaschädiger müssen zur Kasse gebeten werden, z.B. über eine breiter angelegte Ökosteuer – auch auf natürliche Ressourcen. Der Europäische Rat hat sich vor langem dazu bekannt, dass Arbeit weniger und Ressourcen stärker zu besteuern sind. Erst dann rechnen sich emissionsarmes Produzieren und Kreislaufwirtschaft. Recycling muss die Ressourcenquelle Nr. 1 werden. Des weiteren sind hier und auch im Ausland die sozialen Standards zu berücksichtigen. Wir brauchen nicht nur ökonomische Unternehmensbilanzen, sondern ökosoziale Bilanzen, also eine vollständige Transparenz über die gesamte Lieferkette.
Zukunftsfähig sind wir nur dann, wenn wir uns diesen Herausforderungen stellen.
Dr. Valerie Wilms
Diesen Artikel finden Sie im Magazin 3/2012 der Pinneberger Grünen
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