Rede LKW-Maut

Die geplante Mautausweitung für LKWs ist weder nachvollziehbar noch verursachergerecht. Dobrindt fehlt ein Konzept, wie er den Erhalt der Straßen sicherstellen kann. Dafür müsste die Maut auf alle Bundesstraßen ausgedehnt werden sowie auf LKWs ab 3,5 Tonnen Gewicht. Damit stünden weit mehr Einnahmen zur Verfügung als mit der kleinkarierten CSU-Maut.  

26.02.15 –

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Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Als nächste Rednerin hat die Kollegin Dr. Wilms von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die neu hinzugekommenen Zuschauer, dass Sie noch dieser Debatte hier folgen wollen! Leider haben Sie das Beste verpasst: Heute Morgen hatten wir einen richtig schönen Schlagabtausch mit dem Minister. Frau Bär, wo haben Sie den gelassen? Hat er sich nicht mehr hereingetraut heute Abend?

(Ulrich Lange [CDU/CSU]: O Gott, ist das billig!)

Wir kommen heute Abend zu dem entscheidenden Punkt; denn hier können wir wirklich ernsthaft Einnahmen generieren. Es geht um diejenigen, die uns die Straßen kaputtklopfen: die Lkws. Wir Grüne fordern schon lange, dass wir uns endlich mit diesem System beschäftigen, statt mit Ihrer Ausländermaut, die wir heute Morgen behandelt haben.Ihr Vorgehen in dieser Sache will sich mir aber nicht erschließen. Sie wollen nur die Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen belasten. Damit bleibt eine Mautlücke zwischen 3,5 Tonnen – die Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen wollen Sie ja mit der Ausländer-Pkw-Maut erfassen – und 7,5 Tonnen. Die Sprinter lassen Sie also vom Mauthaken, bei den Pkws wollen Sie abkassieren. Das ist irre und völlig konzeptionslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Reinhold Sendker [CDU/CSU]: Falsches Thema!)

Außerdem nehmen Sie mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf nur einen kleinen Teil der Bundesstraßen in den Blick: 1 100 Kilometer. Wir haben aber ein Bundesstraßennetz von etwa 32 000 Kilometern. Stimmt doch, Kollege Behrens, oder? Damit berücksichtigen Sie hier weniger als 4 Prozent der Bundesstraßen. Das ist eine echte Lachnummer, mit der wir uns heute hier beschäftigen. Ich sage: Hier ist deutlich mehr drin, wenn der Minister der Verkehrsruinen, den wir heute Morgen hier gesehen haben, und die Koalition es nur wirklich wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es geht ja noch weiter: Die jährlichen Mehreinnahmen, die Sie durch den vorliegenden Gesetzentwurf erwarten, Kollegin Bär – anscheinend ist Twitter interessanter –, wurden bereits durch Ihre Mautsenkung im Sommer 2014 zunichtegemacht. Jetzt haben wir ein Nullsummenspiel, anstatt mehr Mittel für den Erhalt ein-zunehmen; dabei brauchen wir dringend mehr Mittel für unsere mittlerweile vorhandenen – das muss ich sagen – Verkehrsruinen.Wann nutzen Sie endlich das Potenzial Ihres Ministeriums besser, um unsere Verkehrsinfrastruktur wirksam zu erhalten? Dann könnten Sie nämlich auf das Verscherbeln des Vermögens verzichten. Denn das wollen Sie ja: Straßen, die einst mit Steuermitteln gebaut wurden, wollen Sie durch Ihre teuren ÖPP-Projekte an private Investoren verscherbeln.

(Reinhold Sendker [CDU/CSU]: Preiswerter und schneller!)

Mit der sinnvollen und dringend notwendigen Ausweitung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Gewicht und auf alle Bundesstraßen würden Sie die der-zeitigen Mauteinnahmen beinahe verdoppeln. Das wäre endlich einmal eine echte verursachergerechte Finanzierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Straßen werden nämlich in aller Regel durch die Lkws und nicht durch die Pkws zerstört.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Oder fahren Sie alle mittlerweile kleine Lkws, werte Kollegen? Sie von der Koalition verzichten aber lieber auf bis zu 2,3 Milliarden Euro an zusätzlichen Nutzereinnahmen bei Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen und schieben alle wichtigen Vorhaben zur Rettung unserer Infrastruktur auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Das ganze Ministerium beschäftigt sich ein Jahr lang nur mit

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Mit Twitter!)

– mit Twitter – diesem Unfug, dieser Pkw- bzw. Ausländermaut. Das ist typisch CSU: Sie besetzen ein Thema mit bayerischem Lokalkolorit, wollen aber keine Verantwortung für das Gesamtsystem Verkehr übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Das ist das Blatt von heute Morgen!)

Sie wollen das erst 2018 angehen. Dann läuft aber gerade der ohne Not von Ihnen verlängerte Vertrag mit dem heutigen Mautbetreiber Toll Collect aus. Schauen wir einmal, wie es dann läuft und ob wir dann wirklich noch Mauteinnahmen haben; denn es kann ja durchaus auch voll danebengehen, sodass wir nachher gar keine Einnahmen haben. Alle Experten haben Ihnen empfohlen, schon jetzt Toll Collect zu übernehmen, also die Calloption zu ziehen. Bei Ihnen geht aber Ideologie bedauerlicherweise vor Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU)

Es wird eine Rechnung mit vielen Unbekannten geben. Sie wissen nicht, wer nach 2018 die Lkw-Maut eintreibt. Sie wissen nicht, ob der neue Betreiber ab 2018 auch darauf vorbereitet ist, die Maut auf allen Bundesstraßen einzutreiben. Die Probleme beim Start von Toll Collect dürften Ihnen doch nicht unbekannt sein. Da laufen immer noch Schiedsverfahren.So verspielen Sie die Zukunft für die Menschen und vor allem für die Wirtschaft. Beide brauchen funktionsfähige Verkehrswege und keine Ruinen. Übernehmen Sie endlich Verantwortung für eine nachhaltige Verkehrspolitik! Werte Kollegin Staatssekretärin Bär, teilen Sie das bitte auch Ihrem Minister mit.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Twitter!)

– Vielleicht schon per Twitter; denn möglicherweise ist er ja online dabei.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kategorie

Rede | Straße