Header image

Rede: Ausweitung LKW-Maut

Rede im Bundestag Die LKW-Maut soll mit ihrer Ausweitung auf alle Bundesstraßen zu zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen führen. Das war längst überfällig, aber das Gesetz ist geht auf einige wichtige Aspekte nicht ein.

01.12.16 –

Rede im Bundestag

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem impulsiven Auftritt von Herrn Hartmann bleibt morgen vielleicht noch ein bisschen Geld übrig, um das zu reparieren, was dort auf der Koalitionsseite zerlegt worden ist.

(Gustav Herzog (SPD):Auf der Unionsseite! Fürs Protokoll! - Sebastian Hartmann (SPD): Das wollte ich wirklich nicht!)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird durchaus ein Beitrag geleistet, die längerfristige Erhaltung der Verkehrswege in den nächsten Jahren sicherzustellen. Das ist heute tatsächlich mal eine gute Nachricht aus Richtung der Bundesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sonst finden wir da ja nicht allzu viel Gutes. Durch die überfällige Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen bleiben rund 2 Milliarden Euro mehr für den Erhalt des Gemeingutes Straße. So weit, so gut. Doch mit dem heutigen Tag gesellt sich trotz allen Jubels über zusätzliche Einnahmen durch die Lkw-Maut, der hier herrscht, eine schlechte Nachricht für die Finanzierung unserer Infrastruktur hinzu. Die Zeitungen titeln heute, dass die EU-Kommission möglicherweise grünes Licht für die CSU-Maut gibt.

(Karl Holmeier (CDU/CSU): Gut so!)

Manch einer erinnert sich: Das war die bayerische Biertischidee einer Pkw-Maut für Ausländer aus dem letzten Wahlkampf. Doch die Bedenken sind mit dem Segen der EU-Kommission noch nicht ausgeräumt. Es stellen sich weiterhin wichtige Fragen: Wird diese Pkw-Maut ausländische Fahrzeughalter diskriminieren? Wird kein deutscher Fahrzeughalter schlechtergestellt?

(Sebastian Hartmann (SPD): Es gilt der Koalitionsvertrag!)

- Kollege Hartmann, ich bin gespannt, wie sich die SPD aus diesem Koalitionsvertrag herauswinden wird. Die Quadratur des Kreises funktioniert nicht. Das werden auch Sie noch erleben. Es heißt weiterhin: Ihre Pkw-Maut bleibt Murks. Die Planungen dazu haben das Ministerium jahrelang für wirklich vernünftige Arbeit blockiert. So kann man keine Regierungsgeschäfte führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zur Ausweitung der Lkw-Maut. Auch dort legen Sie mal wieder eine halbgare Lösung vor.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben es verpasst, die innerörtlichen Ausweichverkehre ernsthaft zu verhindern. Hier brauchen Sie dringend eine echte Lösung. Die finden wir nicht in Ihrem Gesetzentwurf. In Ihrem System gibt es nämlich einen Grundfehler: Sie hören mit der Lkw-Maut nicht vor geschlossenen Ortschaften auf. Sie wollen die Maut auch in der Ortsdurchfahrt auf Bundesstraßen erheben. Die Maut wird dann auf den innerörtlichen Bundesstraßen fällig. Auf Landes- und Gemeindestraßen wird dort keine Maut erhoben. Das führt zwangsläufig zu Ausweichverkehren. Das beste Beispiel dafür habe ich Minister Dobrindt - Frau Bär war leider nicht da - im Fall von Hamburg mit der Stresemannstraße, einer Bundesstraße, und der parallel verlaufenden Reeperbahn gezeigt. Viel Spaß!

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD - Sebastian Hartmann (SPD): Da darf man künftig auch Maut erheben?)

Ein Konzept, wie Sie dem wirksam begegnen wollen,

(Zuruf von der SPD: Da fahren doch die ganzen Cabrios! - Sebastian Hartmann (SPD): Mit dem Lkw auf die Reeperbahn! -Heiterkeit bei der SPD)

fehlt komplett. Das hat auch die Anhörung im Ausschuss gezeigt. Sie müssen aufpassen, dass Sie mit Ihrem Schnellschuss sinnvolle Systeme für eine Nutzermitfinanzierung bei kommunalen Straßen nicht von vornherein blockieren. Ein weiterer Aspekt zeigt die Inkonsequenz Ihres Handelns: Da basteln Sie in der Ausschlussberatung noch schnell eine Befreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen im gewerblichen Güterverkehr von der Maut ein. Ich habe das jetzt einmal ziemlich deutlich zitiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Befreiung ist Unfug, echter Unfug.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits heute werden landwirtschaftliche Fahrzeuge im Baustellenverkehr anstelle von Baustellen-Lkws eingesetzt. Fahren Sie einmal durch die Baustellen, Herr Hartmann, von denen Sie in Nordrhein-Westfalen genug haben müssten.

(Sebastian Hartmann (SPD): NRW kommt voran!)

Sie schaffen so offenen Auges eine Ungleichbehandlung zulasten der gewerblichen Transportunternehmen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt doch gar nicht!)

Ich bin gespannt, was die in Zukunft dazu sagen werden. Mein Rat: Verlieren Sie vor lauter sinnloser Planung um die Pkw-Maut nicht den Blick auf das Gesamtsystem. - Ich habe den Eindruck, das Ministerium will unseren Rat sowieso nicht hören. Die Mautlücke für Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen muss auch geschlossen werden. Wir müssen auch die Fernbusse in das System einbeziehen.

Vizepräsidentin Claudia Roth: Sie müssen jetzt an Ihre Zeit denken.

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Werte Frau Präsidentin, die Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ist im Grundsatz richtig. Da gehen wir durchaus mit allen hier mit. Aber aufgrund der handwerklichen Fehler, die ich aufgezeigt habe, ist Schluss mit lustig, und wir werden dem garantiert nicht zustimmen. Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kategorie

Bundesmobilitätsplan | Rede | Straße