Der Kanister am Strand – und das Problem dahinter

Ein wunderbarer Strandspaziergang bei bestem Sonnenschein, weite Sicht aufs Meer, klare Luft – und das alles am besten verbunden mit einem guten Gespräch. So sieht Erholung aus. Bis man dann zwischen Muscheln, Steinen und Algen einen zerkratzten Plastikkanister findet. Ärgerlich fragt man sich: Wer entsorgt so etwas am Strand? Und könnte nicht wenigstens die zuständigeKurverwaltung dafür sorgen, dass unsere Strände sauber bleiben?

Ganz sicher wäre es wünschenswert, wenn die Strände, auch angesichts knapper kommunaler Kassen, öfter gereinigt würden. Der Punkt ist nur: Selbst bei massiver
Ausweitung der Reinigungsdienste ist das Problem kaum aus der Welt zu schaffen – denn der Kanister am Strand ist nur die kleine sichtbare Spitze eines Müllbergs ungeahnter Größe. Unsere Meere sind zur größten Müllkippe der Welt geworden. Trotz unzähliger globaler, europäischer und nationaler Initiativen zum Schutz der Meere müssen wir feststellen, dass wir damit vor allem in Nordund Ostsee gescheitert sind.

Die Meere unseres Planeten werden gedankenlos als Deponie genutzt: Inzwischen schwimmen bei weitem mehr kleine und kleinste Plastikteilchen in den Ozeanen als Plankton. Die deutsche Bucht ist mit etwa acht Millionen Müllteilen heute das mit am meisten verschmutzte Gewässer. Zuerst trifft es die Tiere: Vögel könnenPlastikteilchen nicht von Nahrung unterscheiden, füttern damit ihren Nachwuchs und sind bei ständigem Sättigungsgefühl unterernährt. Fast alle Nordseevögel sind heute von diesem Problem betroffen.

Aber nicht nur Tiere sind die Verlierer: Der ärgerliche Plastikkanister am Strand ist weit weniger gefährlich, als die Substanzen, die ausgespült werden und über die Nahrungskette auch vom Menschen aufgenommen werden können. Die Hauptursache des Problems liegt offenbar bei Schiffen, die vieles über Bord werfen, was nicht mehr gebraucht wird – und je stärker der Schiffsverkehr zunimmt, desto größer wird auch die Müllsuppe. Liest man die EU-Berichte zum Meeresschutz, fällt vor allem der ständige Konjunktiv auf: Könnte, sollte, müsste. Ideen gibt es viele und kooperiert wird auf allen möglichen Ebenen – mit äußerst mageren Ergebnissen.

Immerhin hat die Bundesregierung inzwischen in einem Bericht die desaströse
Lage erkannt und darin auch Lösungsvorschläge gemacht. Vieles ist jedoch lokal gedacht und deswegen muss die Bundesregierung vor allem auf EU-Ebene verbindliche Maßnahmen durchsetzen: Genau wie zukünftig nur noch doppelwandige Tanker EU-Häfen anlaufen dürfen, muss auch die Müllentsorgung auf dem Schiff geregelt sein. Wer europäische Häfen nutzt, muss eine Müllsammel- und Entsorgungsanlage an Bord haben und nachweisen, dass alles, was an Bord genommen wurde, auch wieder an Land kommt. Entsprechen de Differenzen werden über die Hafengebühren in Rechnung gestellt.

Würde ein solches System europaweit eingeführt, hätte dies zwangsläufig Auswirkungen auf die weltweite Schifffahrt. Und vielleicht könnten die Kommunen das Problem mit dem Kanister am Strand dann auch wieder allein lösen.

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