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Das Desaster der Deepwater Horizon im Golf von Mexiko hat die größte Ölpest der Geschichte verursacht. Vermutlich sind in drei Monaten etwa 780 Millionen Liter Rohöl ausgelaufen. Die Aufarbeitung wird Jahre dauern.
Es geht längst nicht mehr nur um die Beseitigung der sichtbaren Schäden und die Entschädigung von Fischern. Rückblickend müssen vor allem folgende Fragen geklärt werden: Warum wird eine riskante Technologie eingesetzt, ohne dass zuvor Maßnahmen und Techniken zur Beherrschung und Eindämmung von Störfällen oder Unfällen entwickelt wurden? Warum gibt es keine funktionierenden Notfall- und Katastrophenpläne?
Die Aufarbeitung muss auch den massiven Einsatz von Chemikalien untersuchen – und ob deren Einsatz vor allem betrieben wurde, um die Katastrophe unsichtbar zu machen. Eine Webcam im Internet wurde erst frei geschaltet, nachdem die Kritik an der Informationspolitik durch BP immer lauter wurde. Nur nach und nach wurde das Ausmaß der riesigen Öllachen unterhalb der Wasseroberfläche bekannt. Damit das Öl nicht auf der Meeresoberfläche treibt und dort durch den Wind getrieben in die besonders empfindlichen küstennahen Ökosysteme gelangt, wurde mit einer giftigen Chemikalie das Absinken gefördert. Das wahre Ausmaß der Verschmutzung blieb deswegen lange unsichtbar - die genauen Umweltauswirkungen der eingesetzten Chemikalie sind jedoch weiterhin unbekannt.
Alle Versäumnisse müssen unverzüglich aufgearbeitet werden. So lange noch im Meer gebohrt wird, ist es unabdingbar, massiv in die Sicherheit und in Sicherheitsforschung zu investieren.
Hat BP nicht verstanden?
Wer in Deutschland mit der hohen Qualität seiner Kraftstoffe wirbt, darf sich bei der Sicherheit keine Nachlässigkeit leisten. Die notwendigen Vorkehrungen müssen modernsten Standards genügen, sie müssen zu jeder Zeit einsatzbereit sein und es muss ein störungsfreier Betrieb gewährleistet sein.
BP übte öffentlich immer wieder den Kniefall, entschuldigte sich und zahlte über zwanzig Milliarden Dollar in einen Entschädigungsfonds. Gleichzeitig macht man sich auf den Weg, um im Mittelmeer vor der libyschen Küste in 1750 Meter unter dem Meeresspiegel zu bohren, also noch 250 Meter tiefer als beim Katastrophenloch im Golf. Hat der Konzern nicht verstanden? Wie ist dieses Verhalten mit den Eingeständnissen in Einklang zu bringen?
Vor dem amerikanischen Kongress musste der Konzernchef massive Sicherheitsmängel eingestehen und verwies gleichzeitig immer wieder auf die laufenden Untersuchungen. Einerseits sind keine Auskünfte möglich – gleichzeitig vertraut man den technischen Anlagen, um noch tiefer zu bohren. Es bleibt unverständlich, wie das zusammenpasst und inzwischen organisiert sich Protest im Netz, an dem man sich beteiligen kann.
Haftung bei Ölkatastrophe in Nord- und Ostsee ungeklärt
Dieses mal war es eine Plattform im Golf von Mexiko – aber auch die Nordsee gehört zu den Meeren mit besonders intensiver Förderung fossiler Energieträger. Eine vergleichbare Katastrophe ist nicht auszuschließen und die Folgen für die Deutsche Bucht wären dramatisch. Während der Golf verseucht wurde und der norwegische Ölkonzern Statoil Probleme auf der Bohrinsel "Gullfaks C" einräumen musste, verlängerte das Bergamt in Hannover die Förderlizenz für die einzige deutsche Ölplattform Mittelplate – ohne die Öffentlichkeit zu informieren - um weitere dreißig Jahre, obwohl die Reserven laut Bundesregierung nur noch 11 Jahre reichen.
Gründe genug, um die Bundesregierung zu fragen, welche Gefahren den deutschen Küsten drohen. Mit einer Kleinen Anfrage zu den Sicherheitsvorkehrungen in der Nord- und Ostsee sowie zu Haftungsfragen im Katastrophenfall wollte Valerie Wilms herausbekommen, ob die geltenden Regeln ausreichen. Die Antworten haben die Befürchtungen bestätigt: Die Haftung der Betreiberkonzern bei Katastrophenfällen ist völlig unzureichend. Eine Deckungsvorsorge – also eine Art Fonds, aus dem Kompensationen geleistet werden – ist bei Ölunfällen überhaupt nicht vorgeschrieben.
Überdies macht die Antwort klar: Bisher gibt es nur Regelungen für Ölunfälle auf Schiffen – für Ölplattformen jedoch nicht. Im Falle einer Katastrophe haftet womöglich oder letztendlich der Steuerzahler. Mit den jetzigen Regelungen besteht dazu ein Anreiz, die Plattformen von Subunternehmen betreiben zu lassen. Diese könnten die Gewinne abführen und im Schadensfall schnell pleite gehen – die Geschädigten würden dann am Ende allein dastehen.
Mit den offenen Haftungsfragen und dem Anreiz für pleiteanfällige Subunternehmen ist es wahrscheinlich, dass im Fall des Falles hier in Deutschland zum Beispiel Fischer selbst klagen müssten. Dabei riskieren sie möglicherweise ihre Existenz. Abgesehen davon ist offen, welches Recht gilt: Das am Ort des Schadens oder das am Ort des Verursachers? Das alles müssten die Geschädigten erst klären lassen, bevor – wenn überhaupt – Geld fließt.
Lernen aus der Ölkatastrophe
Wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie sich immer riskantere Ölförderungsmethoden in immer sensibleren Lebensräumen ausbreiten. Es ist höchste Zeit, die Notfallpläne für Ölverschmutzungen in deutschen Küsten zu überprüfen und anzupassen. Die Fördermethoden müssen strengen ökologischen und sozialen Kriterien genügen. Die Ölörderung im Wattenmeer muss beendet werden, weil eine einziagrtige Flora und Fauna bedroht ist.
Auch die Förderung in Meeresgebieten unter 500 Metern sollte beendet werden, da sie technisch nicht zu beherrschen ist.
Ein weiterer Punkt ist die schleichende Verschmutzung im Normalbetrieb. Wir wollen weg vom Öl! Nur so lassen sich nachhaltig Schäden vermeiden. Die Bundesregierung muss jetzt schnell aktiv werden und darf nicht warten, bis die Katastrophe in Amerika aus dem medialen Blickfeld verschwindet. National muss eine Versicherung verbindlich sein, die für die volle Höhe möglicher Schäden haftet. Außerdem müssen EU-weit und mit Norwegen Verträge geschlossen werden, damit die Verursacher auch die Haftung für Schäden übernehmen müssen, für die kein deutsches Recht gilt. Dazu muss geprüft werden, ob eine weltweite Regelung über die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) sinnvoll ist.
Weg vom Öl
Der einzige Weg, um solche Desaster zu vermeiden, ist die Verringerung der Fixierung auf das Erdöl. Wenn konsequent erneuerbare Energien gefördert und ausgebaut werden und der Energiebedarf damit kostengünstig gedeckt werden kann, lohnen sich riskante und für die Umwelt zunehmend schädlichere Fördermethoden immer weniger.
Mit dem Konzept Energie 2.0 zeigen die Grünen, wie die Abhängigkeit vom Öl verringert werden kann: Bis 2020 ist ein Strommix mit über 40 Prozent erneuerbaren Energien möglich; etwa 30 Prozent umweltschonender Strom könnte aus Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen werden. Nur noch ein Rest von 30 Prozent käme aus konventionellen Kraftwerken, die nach und nach vom Netz gehen würden. Zugleich würde mit grünen Maßnahmen der Energieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent sinken.
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