Geben und Nehmen

Gastkommentar im Handelsblatt Will der Bund aus vielen guten Gründen eine Autobahngesellschaft, braucht er die Länderzustimmung. Das bedeutet eine neue Position für die Länder bei den Verhandlungen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Die Länder könnten deswegen jetzt eine Beteiligung an der LKW-Maut heraus handeln.

28.07.15 –

Gastkommentar im Handelsblatt

Vielen Autofahrern ist es herzlich egal wie und von wem Straßen gebaut werden. Hauptsache es funktioniert und wird nicht teurer. Das komplizierte Finanzierungsgeflecht zwischen Bund und Ländern ist eher etwas für Feinschmecker – diese aber wissen, dass vieles nur leidlich funktioniert und (zumindest für die öffentliche Hand) immer teurer wird.

Jetzt kursiert der Vorschlag, Fernstraßen nicht mehr durch die Länder sondern eine Autobahngesellschaft zu verwalten, die dem Bund gehört und wie ein Unternehmen organisiert ist. Die Vorteile: Eine kaufmännische Bilanz und die Organisation aus einer Hand. Die Nachteile: Sechzehn Länder müssen mitspielen und eine Reform umsetzen, welche die meisten Wähler nicht interessiert. Das ist normalerweise die Unterschrift auf der Sterbeurkunde jeder Reformidee.

Ein Knackpunkt sind die Auftragsverwaltungen, die sich um die Fernstraßen kümmern. Die Beschäftigten dort fragen sich, was aus ihnen wird. Ein weiterer Punkt: Der Bund bezahlt die Länder für die Verwaltung – bei einer Autobahngesellschaft würde das entfallen. Stellen kürzen und auf Geld verzichten: Auf den ersten Blick sind das für Landesminister keine sehr verlockenden Vorstellungen.

Warum könnte das Ganze dennoch eine Chance bekommen? – Weil Bund und Länder jetzt beide etwas zu geben und zu nehmen haben. Seit Jahren treten die Verhandlungen der Bund-Länder-Beziehungen auf der Stelle: Stets verlangen die Länder mehr Geld für wachsende Aufgaben, während der Bund keinen Anlass hatte, darauf einzugehen. Wenn einer Geld will und nichts dafür anbieten kann, sind das eher schlechte Voraussetzungen für Verhandlungen. Also blieb es im Wesentlichen beim Alten.

Das kann sich nun ändern: Will der Bund aus vielen guten Gründen eine Autobahngesellschaft, braucht er die Länderzustimmung. Das bedeutet eine neue Verhandlungsposition für die Länder. So besteht die Überlegung, den Ländern im Zuge der Reform Bundesstraßen mit rein regionaler Bedeutung zu übertragen. Im Gegenzug müsste der Bund für die vernachlässigte Sanierung zahlen. Mit einer einmaligen Überweisung wäre es aber nicht getan: Zukünftig sollte den Ländern auch die LKW-Maut auf diesen Straßen zustehen.

Und was die Beschäftigten angeht: Von diesen Fachleuten gibt es eher zu wenig als zu viele. Die Länder werden auch weiterhin genug mit ihrem Straßennetz zu tun haben – erst recht, wenn übertragene Bundesstraßen hinzu kommen. Auch die Autobahngesellschaft wird vor Ort Mitarbeiter brauchen und Stellen schaffen. Denkbar ist dazu, dass sich Landesverwaltungen um Aufträge der Gesellschaft bewerben und zu Marktpreisen vergütet werden, statt sie mit Pauschalen abzuspeisen.

Es gibt viele gute Gründe, sich an diese Reform zu wagen. Alle Verantwortlichen sollten daran interessiert sein, dass es den meisten Autofahrern weiter egal bleibt, wie Straßen in Deutschland organisiert werden. Mit reformierten Zuständigkeiten können wir dafür sorgen, dass es zukünftig besser funktioniert und nicht teurer wird.

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