Rede Seearbeitsgesetz

Rede zu Protokoll Mit einer aktuellen Gesetzesänderung wird verhindert, dass Seeleute durch ihre Arbeitgeber im Stich gelassen werden können. Solche Fälle gab es immer wieder, wie der Fall von drei Frachtschiffen 2013 vor Wangerooge zeigt, deren Eigner pleite ging und die Seeleute sich selbst überlies.

12.11.15 –

Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer wieder kommt es vor, dass ein Schiffseigentümer insolvent geht oder das Schiff aufgrund ausstehender Forderungen arrestiert, also festgehalten wird. Häufig wurden dann die Seeleute zurückgelassen und waren auf sich alleine gestellt. Verpflegung, Unterkunft und Rückreise in den Heimatort mussten sie aus der eigenen Kasse zahlen. Danach waren sie oft selbst pleite.

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorhaben verhindern wir, dass Seeleute von ihren Arbeitgebern völlig im Stich gelassen werden können. Auch wenn es solche Fälle an Bord deutsch beflaggter Schiffe seit knapp 60 Jahren nicht mehr gab.

Doch Beispiele für im Stich gelassene Seeleute gibt es viele: Erst 2013 haben drei Frachter vor Wangerooge festgemacht, weil der marokkanische Schiffseigner pleite ging. Das hieß: Kein Treibstoff mehr, keine Versorgung mit Lebensmitteln mehr, kein Lohn für die Besatzung. Deutsche Behörden und andere Einrichtungen haben sich um die Mannschaft gekümmert. Die Schiffe sind letztlich versteigert worden. Auch 2008 gab es in Brunsbüttel einen ähnlichen Fall mit einer kroatisch-lettischen Reederei. Die genannten Beispiele zeigen, dass der Gesetzesvorschlag wichtig ist. Eine darin enthaltene Versicherungspflicht für solche Fälle begrüßen wir außerordentlich.

Die Situation der Seeleute ist dabei, sich weltweit ein wenig zu verbessern. Ein großer Fortschritt war das im Jahr 2006 verabschiedete Seearbeitsübereinkommen, das in Deutschland 2013 in Kraft trat. Dadurch gelten für die Rechte von Seeleuten endlich weltweite Standards. Oft waren die Schiffsbesatzungen aus den Augen und aus dem Sinn ihrer Arbeitgeber. Vielen Reedern und mit ihnen gewissen Flaggenstaaten war das Schicksal ihrer Besatzungen vielfach egal. Entsprechend mies waren die hygienischen Bedingungen an Bord einiger Schiffe oder auch die Arbeitszeitregelungen und die Entlohnung. Inzwischen müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen auch vertraglich festgehalten werden, und es gibt Anspruch auf eine Heuerfortzahlung im Krankheitsfall. Das ist ein richtiger Fortschritt. Es wird Zeit, dass das internationale Abkommen auch durch weitere Staaten, etwa China oder die USA, ratifiziert wird.

Aber Deutschland als große Seefahrtnation darf sich nicht zurücklehnen. Hierzulande ist es die maritime Ausbildung, die vielen angehenden Seeleuten seit Jahren sehr große Sorgen bereitet. Das ist es auch, was ich im Gespräch mit den Seeleuten immer wieder höre.

Die große Stillstands-Koalition muss daher endlich Lösungen für eine zukunftsfähige und bedarfsgerechte maritime Ausbildung schaffen. Das ist bei der letzten Maritimen Konferenz in Bremerhaven versäumt worden. Es darf uns nicht weiter der maritime Nachwuchs wegbrechen. Gerade die Lotsen oder die Schifffahrtsverwaltung suchen händeringend nautische Fachkräfte. Alleine bei den Lotsen an der deutschen Küste müssen bis 2025 rund 500 Nautikerstellen neu besetzt werden. Aber durch unser starres Ausbildungssystem blockieren wir uns selbst.

Den eingebrachten Änderungsantrag begrüßen wir sehr. Er ist eine Maßnahme zum Bürokratieabbau, der den Seemannsmissionen zugutekommt. Sie müssen sich nicht mehr von Projektförderung zu Projektförderung hangeln, sondern erhalten zukünftig direkte Unterstützung für ihre wirklich gute Arbeit.

Dem Gesetzentwurf stimmen wir zu. Aber packen Sie endlich Reformen bei der maritimen Ausbildung an und nehmen endlich die Sorgen der Seeleute um den Schifffahrtsstandort Deutschland ernst! Die Auszubildenden und Studierenden in maritimen Berufen warten darauf.

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