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29.04.16 –
Abgeordnetenwort für Uetersener Nachrichten
Liebe Leserin, lieber Leser,
bevor ich Bundestagsabgeordnete wurde, habe ich mich viele Jahre lang als Ingenieurin mit Dieselmotoren beschäftigt. In kleinen Fachkreisen wusste man, dass der Dieselmotor nur mit sehr viel Aufwand ungefähr so „sauber“ wie ein Benziner zu bekommen ist. Uns Fachleuten war klar, dass die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden und nichts mit dem realen Fahrverhalten zu tun haben. Leider hat sich dafür lange niemand interessiert – denn zu schön und profitabel war die Geschichte von der deutschen Ingenieurskunst, die eine Dreckschleuder zum Klimaschützer macht.
Der Betrug von Volkswagen ist für sich genommen eine bodenlose Unverschämtheit – und trotzdem nur der Teilaspekt eines viel größeren Problems. Wenn eines der größten deutschen Unternehmen Millionen von Kunden betrügt, dann geschieht das nicht nur durch einen kleinen Kreis von Eingeweihten. Es gehört ein Umfeld dazu, bei dem ganz viele mitmachen – oder zumindest nicht so genau hinschauen. Letztendlich hat quasi jeder Autohersteller darauf gezählt, dass die politischen Vorgaben nicht durchgesetzt werden. Politik und Verwaltung sind ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Sie haben entweder mitgemacht beim Betrug oder weggeschaut. Beides ist nicht akzeptabel. Es untergräbt das Vertrauen in unsere Rechtsordnung und setzt unsere Zukunft aufs Spiel.
Deutschlands Wohlstand beruht zu einem großen Teil auf seiner Industrie und Exportstärke. Wenn die klimafreundliche Mobilität der Zukunft aus Kalifornien und China kommt, dann kann das enorme negative Auswirkungen auf die hiesige Wertschöpfung und Arbeitsplätze haben. Um das zu vermeiden, müssen wir ergründen, welches Schweigekartell aus Industrie, Politik und Verwaltung uns in die Krise geführt hat. Der Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Dieselaffäre kann deswegen einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes leisten.
Herzlich,
Ihre Valerie Wilms
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