Fachgespräch: Kreuzschifffahrten - sicher und öko?

Zusammen mit Referenten und interessiertem Fachpublikum aus Schifffahrt, Tourismus und Verwaltung sind wir im Mai 2015 der Frage nachgegangen, wie sicher und öko Kreuzfahrten sind. Die Fahrgastzahlen steigen stetig, aber auch die Ansprüche der Gäste an eine saubere und sichere Schifffahrt.

24.06.15 –

Markus Tressel, Valerie Wilms und Renate Künst führten durch das Fachgespräch

Markus Tressel, Valerie Wilms und Renate Künast führten durch das Fachgespräch

Die Kreuzschifffahrt ist eine seit Jahren boomende Branche. Über zwei Millionen Buchungen gab es 2014 allein in Deutschland. Damit können inzwischen viele Menschen mitreden, wenn es um Kreuzfahrten geht. Mit den Entwicklungen im Kreuzfahrtbereich haben sich auch die Erwartungen der Gäste verändert. Sie achten stärker auf die Umwelt und wollen auch mit einem sicheren Schiff unterwegs sein. Außerdem haben sich die Regularien in den vergangenen Jahren verändert, teilweise besteht weiterhin Nachholbedarf. Doch was heißt das? Dieser Frage sind wir im Rahmen eines Fachgesprächs nachgegangen, das von Markus Tressel (tourismuspolitischer Sprecher) und Valerie Wilms (Berichterstatterin für maritime Politik) moderiert wurde.

Wir brauchen eine Prioritätenliste

Renate Künast, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, rief Regierungs- und Branchenvertreter zu einer Prioritätenliste der wichtigsten ausstehenden Regularien und Veränderungen in der Kreuzschifffahrt auf. Trotz vieler Verbesserungen gäbe es weiterhin Nachholbedarf bei Schiffsemissionen und bei der Evakuierung von Reisenden im Notfall.

Über 100 Jahre nach Titanic

Jan Reche vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) weist darauf hin, dass die meisten Regelungen, wie in der Seeschifffahrt insgesamt, also auch für die Kreuzschifffahrt, internationaler Art sind. Darauf verweist auch Herr Grammerstorf, Vertreter des internationalen Kreuzfahrtverbands CLIA. Bauvorschriften müssten international beachtet werden, ebenso wie Evakuierungshinweise in möglichst allen Sprachen, die an Bord gesprochen werden. Außerdem habe die Sicherheit von Passagieren, Crew und Schiff „stets höchste Priorität“.

  

Jan Reche, BMVI; Helge Grammerstorf, CLIA; Monika Griefahn, AIDA

 

Einige alte Kreuzfahrtschiffe, die noch nicht mit allen neuen Standards ausgestattet sein müssten, seien noch in Betrieb, so Reche. Trotz Ausnahmen von Schiffen über 60 Jahren würde die Kreuzschifffahrt in kleinen Schritten immer besser. Ein Vorgaukeln von „gut und schön“ dürfe es allerdings nicht mehr geben. Es müsse an Rettungsmittelvorschriften sowie an Sicherheits-Management gedacht werden, aber auch an die Regelungen für Kreuzfahrten in entlegenen Gebieten. Wie kann dort ein Rettungsdienst organisiert werden?

Bund muss mit gutem Beispiel voran gehen

Frau Wilms regt an, dass bezüglich Emissionen der Bund als Vorbild vorangehen solle und das zum Neubau ausgeschriebene Mehrzweckschiff für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) „ATAIR“ mit Flüssigerdgas-Antrieb ausstatten. Das Ministerium konnte hier noch keine endgültige Zusage geben, man prüfe diese Möglichkeit noch.

LNG Zukunft in der Seeschifffahrt

Dass in diesen sogenannten LNG-Motoren in der Seeschifffahrt die Zukunft liegt, erwähnte Robert Brendel vom Motorenhersteller MAN. So könne dadurch eine deutliche Reduktion der für Mensch und Umwelt schädlichen Abgase NOx, SOx, CO2 und Ruß erreicht werden.

Die Kreuzfahrtreederei AIDA habe bereits auf dem neuesten Schiff der Flotte viele neue Features zur Abgasreduktion eingebaut. (Anm.: AIDA hat aktuell zwei Schiffsneubauten mit LNG-Antrieb bei der Meyer-Werft in Papenburg beauftragt). Die Nachhaltigkeitsbeauftragte von AIDA, Monika Griefahn, wies darauf hin, dass Kreuzfahrtschiffe inzwischen wie Stadtwerke sämtliche Entsorgungsaufgaben übernehmen müssten. Problem seien leider die nicht einheitlich gestalteten Rücknahmemöglichkeiten in den Häfen.

Einheitliche Regelungen

Es liegt auf der Hand, bereits beim Bau von Kreuzfahrtschiffen auf die Aspekte Sicherheit und Emissionsminderung zu achten. Dies versuche die Meyer Werft bei allen Schiffsneubauten einzubeziehen. Herr Luhmann von der Meyer-Werft wies darauf hin, man solle "keine Angst vor großen Schiffen" haben.

Valerie Wilms ergänzt, das Größenwachstum in der Kreuzschifffahrt scheint begrenzt. Die Frage, ob immer größer auch immer sicherer bedeutet, müsse man weiter verfolgen. Dazu müsste die Evakuierungs-Simulation für alle Schiffe verpflichtend und der Schiffsgröße angepasst werden. Eine gute Ausbildung der Besatzung ist das A und O. Europa müsse in der Kreuzschifffahrt mit einheitlichen Regelungen für die Sicherheit und für eine saubere Kreuzschifffahrt vorangehen.

Valerie Wilms und Markus Tressel weisen darauf hin, dass noch in dieser Wahlperiode weitere Aktivitäten zum Thema Kreuzschifffahrt geplant sind. 

 

Diagramme: Der Kreuzfahrtmarkt ist durch ständige Veränderungen geprägt - Kapazität deutsche Kreuzschifffahrt-Flotte/Anbieter 2010/2015 im Vergleich; Quelle: eigene Berechnung

 

Vorträge:

Vortrag Dr. Monika Griefahn, AIDA Cruises

Vortrag Robert Brendel, MAN

Vortrag Helge Grammerstorf, CLIA Kreuzfahrtverband

 

Hintergrund:

Kleine Anfrage „Sicherheit auf Passagierschiffen“ (BT-Drs. 17/8749)

Antrag „Havarie des Containerschiffs MSC Flaminia – aus den Fehlern von Schiffsunfällen lernen“ (BT-Drs. 17/11668)

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