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13.04.14 –
„Die aktuelle Krise in der Seeschifffahrt hat sich auch zu einer Ausbildungskrise entwickelt“, mit diesen Worten eröffnete Valerie Wilms, Berichterstatterin der Fraktion für maritime Politik, das Fachgespräch zur maritimen Ausbildung. Diese Entwicklung mache sich daran deutlich, dass zum Beispiel im Studienfach Nautik die Anzahl der Studierenden seit einigen Jahren drastisch abnehme. Auch die Bereitschaft der Seeverkehrswirtschaft, Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen oder Auszubildende nach ihrem Abschluss zu übernehmen, sinke aufgrund des verstärkten Kostendrucks, dem die Reeder seit Beginn der Schifffahrtskrise ausgesetzt sind.
Herr von Unruh, Professor an der Jade Hochschule, beleuchtete die Anstrengungen der Küstenländer und Seefahrt-Hochschulen in der maritimen Ausbildung. So führen aktuell verschiedene Wege zum Ziel einer Kapitäns-Ausbildung. Seiner Auffassung nach hat sich „das Praktikantenmodell bewährt“, denn an deutschen Hochschulen werde der internationale Standard (gesetzt durch das sogenannte STCW-Abkommen) übertroffen. Seine Vorschläge für eine bessere Situation für Absolventen: Eine befristete Öffnungsklausel im Heuertarifvertrag sowie eine Übernahme der Mehrkosten für eine Praktikumsplatzgarantie durch die neue „Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland“.
Nach Auffassung des Verbands Deutscher Reeder, vertreten durch dessen Geschäftsführer Herrn Nagel, ist die Hauptursache für die angespannte Ausbildungssituation die schwierige Charterratenentwicklung, durch die die Schiffseigner ihre Betriebskosten (Personal, Instandhaltung sowie Treibstoff) nicht im notwendigen Maße decken können. Trotzdem seien maritime Ausbildungsberufe weiterhin attraktiv entlohnt und könnten relativ hohe Einstiegsgehälter vorweisen. Dennoch sieht er einen Anpassungsbedarf bei der Schiffsbesetzungsverordnung, die verantwortlich für die hohen Personalkostenfür Schiffe unter deutscher Flagge sei.
Die Marine kann zwar mit ihrem Kooperationsmodell zwischen Bundeswehr und Hochschulen einen Teil des Ausbildungsbedarfs abdecken. Doch aufgrund der vergleichsweise kleinen Flotte, die der Marine zur Verfügung steht, könne dieser Beitrag nur gering ausfallen, hielt Herr Endres vom Marinekommando Rostock fest.
(Referenten von vorne nach hinten: Rainer Endres, Ralf Nagel, Prof. Dr. Werner von Unruh, Dr. Valerie Wilms MdB, Beate Walter-Rosenheimer MdB, Prof. Dr. Thomas Jung, Klaus Meyer und Achim Wehrmann)
Im Rahmen einer angeregten Diskussion tauschten sich die Teilnehmerüber zukünftige Möglichkeiten und Formen einer fachgerechten maritimen Ausbildung aus. In der Diskussion wurde deutlich, dass die verschiedenen Ausbildungswege nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Außerdem sollen die Studenten trotz schwieriger Lage in der Seeverkehrswirtschaft nicht entmutigt werden, ein maritimes Studium zu beginnen bzw. den eingeschlagenen Ausbildungsweg auch abzuschließen. Vor allem die Lotsen würden sonst in den nächsten Jahren vor einem gewaltigen Nachwuchsproblem stehen.
Professor Jung von der Hochschule Bremen nahm Stellung zur aktuellen Perspektivlosigkeit seiner Studenten. Um seine Hochschule internationaler auszurichten und um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, habe man als einziger deutscher Hochschulstandort den internationalen Bachelor-Studiengang mit der Vorlesungssprache Englisch eingeführt. Diese sei auch ein Beitrag zur Flexibilisierung des Hochschulsystems.
Herr Wehrmann (Verkehrsministerium) verwies auf das Maritime Bündnis, in dem die Ausbildung eine zentrale Rolle spiele. In diesem Zusammenhang spiele auch die Flaggenstaatsverwaltung eine große Rolle, damit die deutschen Reeder ihre Schiffe auch wieder unter deutscher Flagge fahren lassen. Das werde die Bundesregierung gemäß Koalitionsvertrag versuchen, zu verbessern. Für Klaus Meyer von Ver.di ist wichtig, dass Menschen überall in der Welt die gleichen Fähigkeiten haben, in der Seeschifffahrt zu arbeiten, doch sind die Kosten überall unterschiedlich. Befristeten Tarifänderungen gab er jedoch eine Absage.
Die grüne Bundestagsfraktion wird dieses Thema in den nächsten Jahren weiter in der Hand halten und federführend voranbringen. Valerie Wilms wird sich im Gespräch mit den Bundesländern an der Küste für ein zukunftsfähiges maritimes Ausbildungskonzept einsetzen. Es darf in Zukunft nicht am Bedarf vorbei ausgebildet werden, dazu ist es notwendig, dass wir uns das heutige hochwertige Ausbildungssystem genauer ansehen und gegebenenfalls neu aufstellen.
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