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29.01.16 –
Rede im Bundestag
Mit einem Antrag wollte die Koalition zeigen, wie sie "intelligente" Mobilität fördern will. Leider fehlen die Grundlagen dazu. Es wäre schon ein großer Schritt, wenn man Bus und Bahn ohne große Probleme einfach so nutzen könnte.
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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren an den Fernsehern,
(Arno Klare (SPD): Was?)
auf der Tribüne! Toll, dass Sie sich dieser Debatte widmen.
Bei dem Antrag stellt sich mir eine grundlegende Frage: Was will uns diese Große Koalition eigentlich damit sagen?
(Volker Kauder (CDU/CSU): Fragen Sie sie doch einmal!)
Der Text hat jedenfalls recht wenig mit dem zu tun, was uns ihr Noch-Verkehrsminister quasi täglich präsentiert. Seine Politik ist weder intelligent, noch fördert sie die Mobilität.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Jahrelang hat er uns mit seinem mehr als dummen Biertischvorschlag CSU-Maut beschäftigt. Das Ding ist tot ‑ schon lange ‑, aber er reitet den Gaul einfach weiter.
(Zuruf von der CDU/CSU: Totgesagte leben länger!)
Bei den wirklich wichtigen Aufgaben liefert er dagegen nichts Neues.
Zu Carsharing, werte Parlamentarische Staatssekretärin ‑ da hilft es nicht, in einer App zu tippen ‑, finde ich noch keine neuen Entwürfe. Wir wollten hier eigentlich einen Gesetzentwurf haben. Ein Gesetzentwurf ist irgendwann auch einmal sozusagen in Blei gesetzt, von mir aus auch digital, aber er muss einmal da sein. Und wo ist er? Nichts. Er kommt nicht. Dabei bräuchten wir das.
Die Elektromobilität, sozusagen Ihr Leitmarkt - ich frage mich, ob das mit t oder d geschrieben wird, wahrscheinlich mehr mit d ‑, dümpelt so vor sich hin.
(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Volker Kauder (CDU/CSU): So wie man es spricht, wird es geschrieben! - Daniela Ludwig (CDU/CSU): Fasching steht vor der Tür!)
Volkswagen wird trotz aller Betrügereien mit Samthandschuhen angefasst. Beim kombinierten Verkehr, werte Parlamentarische Staatssekretärin - das ist ja Ihr unmittelbarer Aufgabenbereich; irgendwie kann ich mich daran erinnern, dass wir einmal auf einem Podium gesessen haben,
(Volker Kauder (CDU/CSU): Ehrlich?)
wo Sie als Logistikbeauftragte der Bundesregierung dabei waren ‑, hat Ihnen sogar der Finanzminister das Heft aus der Hand genommen, weil die Mittel liegen bleiben.
Und der Bundesverkehrswegeplan als zentrale Aufgabe in dieser Wahlperiode wird immer weiter verzögert und gerät in die künftige Wahlkampfschlacht.
(Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau! Und die endet erst am Wahlsonntag um 18 Uhr!)
Da kann ich nur sagen: Das Fahren mit Autopilot wäre wirklich besser, als den Geisterfahrer Dobrindt weiter am Steuer zu lassen.
(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus dem Antrag lese ich ein gehöriges Stück Verzweiflung über den eigenen Minister.
(Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist er überhaupt?)
Er kann so viel Geld ausgeben wie kein anderer Verkehrsminister vor ihm. Dazu wurde ihm sogar noch die Zuständigkeit für Digitales gegeben. Und jetzt? - Nichts macht er daraus. Er verhakt sich in der Maut von vorgestern und redet weiter wie ein Generalsekretär.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Aber den Angriff nehmen Sie zurück! Das ist eine Beleidigung!)
Da kann ich nur sagen: Ein bisschen Grünen-Bashing, welches wir ja immer wieder von ihm hören - auch von Ihnen, Herr Kauder, kommt manchmal nichts anderes -, kann Unfähigkeit auch nicht übertünchen. Es zeigt nur, dass die Ideen in dieser GroKo fehlen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Volker Kauder (CDU/CSU): Das mit dem Generalsekretär nehmen Sie zurück!)
Das Einzige, was der Minister sehr schnell gelernt hat, ist die Beglückung bayerischer Wahlkreise.
(Widerspruch bei der CDU/CSU - Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es! Genau so ist es!)
Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Der Minister schafft es nicht, Millionenbeträge für Schienen und Wasserstraßen auszugeben. Und wo landet das Geld? - Zu über einem Drittel in fragwürdigen bayerischen Umgehungsstraßen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)
Da frage ich mich wirklich, wie lange sich diese Koalition das noch von der CSU-Minderheit bieten lässt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, intelligente Mobilität - das klingt ja schön und gut. Leider fehlen die Grundlagen dazu. Es wäre schon ein großer Schritt, wenn man Bus und Bahn ohne große Probleme einfach so nutzen könnte. Werter Kollege Jarzombek, sie sprachen vom digitalen Straßengesetz. Kümmern Sie sich erst einmal um das Analoge,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Thomas Jarzombek (CDU/CSU): Sie haben mir nicht zugehört!)
also darum, dass die Schlaglochpisten beseitigt werden, dass wir keine gesperrten Brücken haben, dass es mittlerweile ja ganze Gegenden gibt, in denen nur noch Schüler mit dem Bus fahren können, dass wir kein durchgängiges funktionierendes Ticketsystem für Bus und Bahn haben, und vor allem darum, dass wir eine überteuerte Bahn haben, die zu spät oder gar nicht mehr kommt. Das sind die Fakten. Da brauchen wir kein digitales Straßengesetz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Statt sich also um handfeste Probleme zu kümmern, schreiben Sie lieber wenig ambitionierte Schaufensteranträge.
Aber schauen wir doch einmal in die Details. Auch da bleibt vieles fragwürdig. Der Minister hat ein neues Spielzeug entdeckt: Sein digitales Testfeld Autobahn - das natürlich in Bayern liegen muss. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt und ob der Test nicht längst von innovativen Unternehmen überholt wird. Man kann ja bereits Fahrzeuge kaufen, die quasi von allein fahren.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Wo?)
Dazu braucht es keinen Spezial-Audi mit Minister drin. Nutzen Sie einfach mal den Autopiloten von Tesla - der funktioniert.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Der fährt aber nicht allein!)
Wenn es dem Minister nicht nur um ein paar schöne Bilder und weitere Millionen für sein Bayern gehen würde, dann müsste er sich ernsthaft um den Datenschutz kümmern. Da kommt wirklich eine Aufgabe auf die Politik zu. Das wäre politisches Kerngeschäft. Hier gibt es nämlich einen ganz klaren Grundkonflikt: Daten sind das Kapital der Zukunft; die größten Konzerne der Welt machen ihr Geld damit. - Hierfür müssen wir den Rahmen setzen. Wir müssen dafür sorgen, dass Nutzer jederzeit „Stopp!“ sagen können. Das fehlt nämlich derzeit. Nutzer müssen bestimmen können, was sie in welchem Umfang nutzen wollen.
Also: Bleiben Sie nicht nur bei Ihren Floskeln - Herr Jarzombek, da helfen auch 13 Seiten Papier nicht -, sondern machen Sie genau das, was wir brauchen. Geben Sie also dieser Bundesregierung, die Sie ja tragen, einen klaren Auftrag, sich endlich mal um die wichtige Kernaufgabe Datenschutz zu kümmern. Da gehen Sie mal ran! Wenn Sie das machen wollen, dann kriegen Sie sicherlich unsere Unterstützung, aber nicht für das Ding, das Sie da auf 13 Seiten verewigt haben. Diese Beweihräucherung tragen wir nicht mit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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