Das System Wasserstraße - Ansprüche an die Infrastruktur und an den Kombinierten Verkehr

Rede vom 26.11.2010 in der PGBi Beim letzten Parlamentarischen Abend der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt in diesem Jahr hielt Valerie Wilms eine Rede vor dem zahlreich erschienenen und interessierten Publikum über das Thema Wasserstraße. Dabei ging sie auf die überfällige Reform der WSV und die notwendige Überprüfung der Bedarfspläne des Bundesverkehrswegeplans ein und zeigte deutlich, dass die Grüne Politik keine „Dagegen-Politik“, sondern eine „Vernunft-Politik“ darstellt.

30.11.10 –

Rede vom 26.11.2010 in der PGBi

Wir haben heute schon viel über das System Wasserstraße gehört: Seine Bedeutsamkeit für den umweltfreundlichen Gütertransport, seine Chancen und seine Schwierigkeiten.

Als Politikerin der Grünen bekomme ich in letzter Zeit öfter das Schild der „Dagegen-Politikerin“ umgehängt. Auch bei der Zukunft der Wasserstraßen betonen viele besonders die Projekte, die wir Grüne aus ökonomischen und ökologischen Gründen ablehnen.

Ich will deswegen heute vor allem darauf eingehen, wofür ich bin und wo die Schwerpunkte  bei der Zukunft der Wasserstraßen liegen müssen.

Die Rahmenbedingen für die Binnenschifffahrt ändern sich: Durch Klimawandel und niedrigere Pegelstände sind bestimmte Flüsse kaum noch ganzjährig nutzbar. Auch die transportierten Güter ändern sich: Schüttgut geht zurück, kleinteiligere Transporte nehmen zu. Und nicht zuletzt die Finanzen: Einer langen Wunschliste für Neu- und Ausbauten stehen äußerst knappe Mittel gegenüber.

Hierauf müssen wir als verantwortliche Politiker reagieren. Wir müssen kritisch überprüfen, wo das Binnenschiff als Verkehrsträger im Vorteil ist. Wir müssen fragen: Mit welchen Investitionen können wir den Verkehr ökonomisch und ökologisch am besten organisieren?

Hierzu braucht es Ehrlichkeit und auch den Mut zum Eingeständnis: Binnenschiffe sind nicht immer das ökologischste Transportmittel – und bei Betrachtung der öffentlichen Investitionen auch nicht immer das ökonomischste. Sicherlich waren Investitionen in östliche Wasserstraßen notwendig – aber leider hat sich der Verkehr dort trotz aller Investitionen kaum erhöht.

Was wir dazu endlich brauchen, ist eine fundierte Analyse notwendiger und finanzierbarer Wasserstraßen. Eine Analyse muss als Gesamtbetrachtung auch die Stärken und Schwächen von Straßen und Schiene einbeziehen.

Leider orientiert man sich noch immer an Prognosen, die nie eingetreten sind. Nach wie vor stehen alle Wasserstraßenbauten als vordringlich im Bundesverkehrswegeplan. Auch bei der jüngsten Überprüfung der Bedarfspläne spielten die Wasserstraßen leider keine Rolle. Projektvorschläge werden so ungeprüft von einem Haushaltsjahr ins nächste mitgenommen – mit einem Investitionsvolumen von noch fast fünf Milliarden Euro. Im aktuellen Haushalt stehen aber nur 120 Millionen Euro zur Verfügung. Hier klaffen Wunsch und Wirklichkeit deutlich auseinander.

Diese Summen zeigen, dass wir alle Mittel in Erhalt und Ausbau stecken müssen. Teure Neubauten müssen wir sehr zurückhaltend betrachten.

Wir müssen dort investieren, wo der Verkehr stattfindet: Auf dem Rhein und dem Mittellandkanal zum Beispiel, oder auch auf dem Nord-Ostsee-Kanal als einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Mir ist es wichtig, jetzt alle Projekte zu überprüfen. Ich begrüße deswegen ausdrücklich die Signale aus dem Verkehrsministerium: Jetzt wird eine Überprüfung der Wasserstraßen für das nächste Jahr angekündigt. Diese ist lange überfällig.

Anrede,

Die Überprüfung des Wasserstraßennetzes muss gleichzeitig die Grundlage für eine Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sein. Seit über einem Jahrzehnt kommt die Reform nicht voran – trotz Gutachten, Arbeitsgruppen und deutlicher Kritik vom Bundesrechnungshof.

Ich habe mir im letzten Jahr viel Zeit genommen und alle Direktionen im Bundesgebiet besucht. Wer – wie ich – eine Reform anmahnt, der muss auch wissen, was vor Ort geschieht.

Ich habe viel Beeindruckendes gesehen. Ich habe engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen gelernt, die mit Leib und Seele unsere Bundeswasserstraßen erhalten und ausbauen.

Vielfach habe ich auch gute Ansätze gesehen, wie man die Verwaltung effizienter und auf neue Ziele ausrichten kann. Aber auch die Defizite der Verwaltung sind sehr offensichtlich. So existieren viele Ideen und Vorschläge nebeneinander, ohne dass gemeinsam davon profitiert wird. Wenn wir das leistungsfähige und umweltfreundliche System Wasserstraße erhalten wollen, müssen wir die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für die Zukunft fit machen.

Was grundsätzlich fehlt, ist eine klare Vorgabe aus dem Ministerium, wohin die Reise gehen soll. Diese Unklarheit ist es auch, die für Verunsicherung sorgt. Viele sehen eine Reform mit Sorge. Hierauf müssen wir eingehen und endlich einen Vorschlag machen.

Wer dagegen eine Reform blockiert oder sich völlig verschließt, schädigt nachhaltig die Zukunft unserer Wasserstraßen. Denn dann werden uns die Haushälter einfach weiter die Mittel sperren.

Dem müssen wir alle uns hier entgegenstellen! Dazu müssen wir als Fachpolitiker noch viel Überzeugungsarbeit leisten: Wir müssen für die Haushaltsmittel in den Fraktionen werben. Und wir müssen deutlich machen, dass ohne eine echte Reform die Handlungsmöglichkeiten für alle abnehmen.

Kategorie

Rede | Schifffahrt | Verkehr | WSV-Reform